America and Afghanistan: A Troubled History



Massaker in der Wüste
Beteiligung der USA an Verbrechen in Afghanistan


13.06.2002 Berliner Zeitung

 

Der Dokumentarfilmer Jamie Doran fand Hinweise auf eine mögliche Beteiligung der USA an Verbrechen in Afghanistan

Christian Esch

Als im November 2001 die Revolte gefangener Taliban in der Festung Kala-i-Jangi niedergeschlagen wurde, gingen die Bilder um die Welt. Mehrere hundert Taliban, die sich den Truppen der Nordallianz unter General Dostum ergeben hatten, kamen bei der Bombardierung und Erstürmung des Forts durch die Nordallianz und amerikanische und britische Truppen um.

Dann endete das Interesse der Weltöffentlichkeit an den Vorgängen in der Region Mazar-i-Sharif in Nordafghanistan. Was aber passierte mit jener weit größeren Zahl von Taliban-Kämpfern, die von der Nordallianz gefangen und nicht in Kala-i-Jangi untergebracht worden waren? Der irische Dokumentarfilmer Jamie Doran hat in Afghanistan nachgeforscht. Sein Film "Massaker in Mazar", der am Mittwoch in der PDS-Fraktion im Bundestag erstmals gezeigt wurde, belegt ein Massaker an mehreren tausend Taliban - und erhebt schwere Vorwürfe gegen die US-Truppen in der Region. Amerikanische Sondereinheiten sollen an Folterungen, Tötungen und der Beseitigung von Leichen beteiligt gewesen sein. Die Zeugen, auf die sich der Film stützt, sind nach Dorans Aussagen bereit, vor einem internationalen Gerichtshof aufzutreten. Sie könnten auch einzelne Amerikaner identifizieren.

Doran, der für die BBC und andere große internationale Sender produziert und nach eigenen Angaben acht Monate lang in Afghanistan unter schwierigsten Bedingungen gedreht hat, sprach von schätzungsweise 3 000 getöteten Taliban-Kämpfern, die in einem Massengrab in der Nähe des Gefängnisses Sheberghan verscharrt worden seien. Er zeige seine 20 Minuten umfassenden Filmaufnahmen vorab in einer Rohfassung - eigentlich sollten sie Teil eines längeren Dokumentarfilms werden - weil er Hinweise habe, dass eine Beseitigung der Spuren des Massengrabs drohe.

Der britische Menschenrechtler Andrew McEntee forderte in Berlin, das Grab in der Wüste bei Sheberghan als Tatort eines Verbrechens zu sichern und von Experten der Uno untersuchen zu lassen. Die Vorgänge im bosnischen Srebrenica hätten gezeigt, dass es möglich sei, Spuren eines Massengrabs in kurzer Zeit zu beseitigen; und "dieses Verbrechen ist sicher auf einer Ebene wie Srebrenica, wenn es sich beweisen lässt". Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, dann handele es sich um Verbrechen nicht nur nach internationalem Recht, sondern auch nach amerikanischem.

Nach der Kapitulation von etwa 8 000 Taliban-Kämpfern in Kunduz Ende November 2001 waren die, die als El-Kaida-Mitglieder verdächtigt wurden, auf amerikanischen Wunsch ausgesondert worden. Etwa 470 wurden auf diese Weise in Kala-i-Jangi untergebracht, wo einige - darunter der Amerikaner John Walker Lindh - von CIA-Mitgliedern verhört wurden. 7 500 Taliban-Kämpfer seien dagegen in der Festung Kala-i-Zein untergebracht worden, sagte Doran; dreitausend von ihnen (die Schätzungen reichten von 1 500 bis 5 000) seien in den folgenden 10 bis 14 Tagen getötet worden. Man habe sie in Frachtcontainern in das Gefängnis Sheberghan transportiert und von dort ebenfalls in Containern an den nahe gelegenen Ort Dasht-i-Laili in der Wüste. Schon auf dem Weg seien viele erstickt oder erschossen worden. Ein Soldat der Nordallianz sagt im Film, er habe auf Geheiß seines Kommandeurs in die vollen Container geschossen, als die Gefangenen um Luft rangen. Auch zwei Lkw-Fahrer, die Container transportierten, werden im Film interviewt. Die Überlebenden seien in der Wüste erschossen worden, sagen sie. 30 bis 40 amerikanische Soldaten seien dabei gewesen.

Mehrere Zeugen erzählen, Amerikaner hätten im Gefängnis von Sheberghan Gefangenen das Genick gebrochen, sie mit Säure begossen oder in Zungen und Gliedmaßen geschnitten. Doran wollte sich zu der Glaubwürdigkeit dieser Aussagen nicht äußern, sagte jedoch, die Vorwürfe könnten bei einer Exhumierung der Opfer überprüft werden.

Auf wessen Initiative die Massenhinrichtungen und die Beseitigung der Leichen in Dasht-i-Laili erfolgte, ist unklar. Im Film behauptet ein Soldat der Nordallianz, die Gefangenen seien auf Geheiß der Amerikaner in die Wüste gebracht worden. Doran sagte auf Nachfrage, seiner Erfahrung nach hätten die Amerikaner überall, wo sie mit eigenen Einheiten stark präsent waren, faktisch das Kommando ausgeübt. Er vermute das auch für das Gefängnis von Sheberghan. Das Pentagon habe jedoch ihm gegenüber die Anwesenheit amerikanischer Truppen am Ort des Massengrabs bestritten. Doran war selbst nicht am Ort des Massengrabs. Weil er die Aufmerksamkeit der örtlichen Machthaber auf sich gezogen habe, habe ein afghanischer Helfer die Aufnahmen gemacht.

Dass der Film zuerst in Berlin gezeigt worden sei, liege am Engagement des PDS-Europa-Abgeordneten André Brie, der ursprünglich sogar an Dorans Reise teilnehmen wollte. Die linke Fraktion im Europa-Parlament hat Dorans Recherchen finanziell gefördert. Er habe sich "engagiert, nicht um bestimmte Bilder, sondern um überhaupt authentische Bilder zu erhalten", sagte Brie. Die Europäer hätten "allen Grund, um beste amerikanische Werte gegen so ein Vorgehen zu verteidigen".

America and Afghanistan: A Troubled History

Martin Ewans, a British diplomat formerly stationed in Kabul.

March 2002
World and I
News World Communications, Inc.

Although Afghanistan won its independence from British
control in 1919, it was not until a quarter century
later that the Afghan and U.S. administrations, just
about as geographically remote from each other as was
possible, considered there was sufficient content in
their official relations to an exchanging of
diplomatic missions. Following World War II, Afghans
were anxious to develop a relationship with what they
saw as a strong, influential nation with sound
anticolonial credentials, but they found themselves
rebuffed.

Keen to obtain external assistance for their postwar
development, they approached the United States in 1947
for help with an ambitious hydroelectric and
irrigation project on the country's longest river, the
Helmand. There was, however, little enthusiasm for the
scheme in Washington, and it was left to a private
U.S. company, Morrison-Knudson, to assist in its
construction. Money soon ran out, and a request for a
$120 million loan from the Import-Export Bank was
whittled down to an inadequate $23 million.

Essential surveys were neglected or cut short, and
relationships deteriorated. Salination and
waterlogging compromised the project, dooming it, to a
large extent, to failure.

From 1948 on, Afghanistan approached the United States
for help in equipping and training its antiquated
armed forces but was similarly cold- shouldered. In
1955, a final request was turned down by John Foster
Dulles. This seemed odd in the context of his Cold War
policy of constructing treaty relationships around the
periphery of the Soviet Union and communist China as a
safeguard against the spread of communism.

Although Afghanistan was well placed geographically as
a buffer along the Soviet Union's southern frontiers,
it was politically at odds with Pakistan, a linchpin
of the Central Treaty Organization. Unwisely in view
of its landlocked position, Afghanistan had been
supporting a movement among the Pashtun tribes for an
independent state in the northwest region of Pakistan,
contiguous to Afghanistan. Additionally, the United
States was reluctant to incur any obligation to assist
Afghanistan should it be threatened militarily by the
Soviet Union. The country was felt to be too remote
and exposed for any such guarantee to be successful.

Pushed toward the Soviet Union

The reasons for the United States not becoming
involved were rational enough, but they effectively
delivered the country into the hands of the Soviet
Union. In 1955, Moscow hastened to supply Afghanistan
with arms and military training, as well as a generous
program of economic development.

After some delay, the Americans changed tack and
decided that Afghanistan should not be left
exclusively to the communist bloc, so they, too, went
into the business of developmental assistance. Among
other projects, the United States and the Soviet Union
cooperated to build a strategic network of roads
across the country (which later facilitated the Soviet
invasion), while the United States also concentrated
on assisting the University of Kabul and Afghanistan's
national airline, Ariana.

It was fortunate for American interests, although not
for Afghanistan itself, that during the 1960s and
'70s, the Soviets proceeded to overreach themselves.
An independent, nonaligned, but friendly Afghanistan,
closely associated in their sphere of interest, would
have suited them well, but they could not resist the
temptation to engage in subversion.

Military personnel who went to the Soviet Union for
training were routinely indoctrinated, while the
Soviet Union also supported the People's Democratic
Party of Afghanistan (PDPA), a party founded in 1965
that was, in all but name, the Afghan Communist Party.

The first communist president of Afghanistan, Nur
Mohammed Taraki, was financially assisted by Moscow,
and his successor, Hafizullah Amin, was almost
certainly recruited by the KGB while doing
postgraduate studies in the United States.

When, therefore, the PDPA mounted a coup in April 1978
and established a communist regime in Afghanistan, the
Soviets found that they had created a monster they
could not control. Although they had doubts of the
wisdom of establishing a communist regime in a country
as feudal as Afghanistan, they did nothing to prevent
it.

U.S. assistance to the University of Kabul was also in
some respects counterproductive, in that it became a
hotbed of unrest, where many students, bitter at the
lack of employment opportunities, were attracted to
the Left. Of the 21 men who constituted the first PDPA
cabinet, no fewer than 10 had been educated in the
United States and a mere 3 in the Soviet Union.


Within its first few months, the Afghan communist
regime had so antagonized the populace that uprisings
and mutinies occurred across the country. Dominated by
the dogma that a communist revolution, once it had
occurred, was irreversible, the Soviet Union finally
decided that the only option was to invade, which it
duly did at the end of 1979.

Against all expectation, its forces encountered tough
and sustained guerrilla opposition. This soon
necessitated decisions in Washington about the nature
and extent of any assistance to the mujahideen, the
"holy warriors" who formed the nucleus of resistance.

During the first few years, despite the suffering
inflicted by the conflict, U.S. policy was to keep the
Soviet wound bleeding by supplying sufficient arms to
sustain the mujahideen, but not enough to defeat the
Soviet occupation. The arms supplied were not American
but clandestinely purchased secondhand Soviet
armaments from such countries as Egypt and Israel (the
latter had captured them during various wars with Arab
states) that were shipped to the mujahideen via
Pakistan.

Forcing the Soviet Union Out

In April 1985 the policy changed when Ronald Reagan
issued National Security Directive No. 166, ordering
the United States to use all available means to compel
the Soviets to withdraw. Following this instruction,
the CIA adopted two strategies, both highly risky,
aimed at making life difficult for the Soviet
occupiers.

The first strategy was to supply the mujahideen with
900 Stinger surface- to-air missiles, along with
training in their operation. (Many of these missiles
have never been recovered.) The second was to supply
arms and training to Muslim resistance fighters in
Pakistan.

Both strategies worked well. The Stingers hampered
Soviet airpower, while the so-called Arab Afghans
(none of whom were Afghans and by no means all Arabs)
proved themselves not only committed but increasingly
battle hardened. Their numbers eventually ran to at
least 35,000 and, by some accounts, appreciably more.
Among them was a young Saudi plutocrat, Osama bin
Laden, who fought little himself but supplied
finances, facilities, and, ultimately, leadership to
the Arab Afghans from a base in Peshawar.

With the Soviet withdrawal from Afghanistan in 1989,
international interest in that country quickly
evaporated. The conflict had claimed the lives of one
million Afghans. Though it had helped catalyze the
dissolution of the Soviet Union and the end of the
Cold
War, this was an eminent case of there being no
gratitude in politics. The survivors received little
concern, although a large refugee population needed
care. Agriculture and industry had been destroyed, and
the countryside was booby trapped with millions of
land
mines.

The mujahideen were excluded from the negotiations
leading to the Soviet withdrawal, and so there was no
agreement on an acceptable postwar political
settlement. Over several years they proceeded to
compete for dominance, variously supported by
Pakistan, Iran, and other neighboring states.
Receiving little encouragement from the United States
or elsewhere, the United Nations attempted some
totally ineffectual mediation, while the scant
humanitarian aid that was forthcoming was grossly
inadequate for the country's needs.

Enter the Taliban

The next chapter in the saga was written in 1994. By
now disillusioned by its clients among the mujahideen,
Pakistan switched its support to a new movement, the
Taliban, whose rank and file, as well as leaders, were
mostly the products of radical Pakistani religious
schools. The majority of Arab Afghans still in the
region were happy to join its ranks and fight what
they saw as a continuing religious war.

Despite official denials, there is no doubt that the
Taliban received military support from Pakistan and
financial support from Saudi Arabia. There is also the
question of American involvement. Although direct
support has not been proved and is on the whole
unlikely, the United States welcomed the Taliban's
arrival on the scene, seeing it as opposed to Iran and
believing that it would stabilize the country and the
region. The United States also set store on the
Taliban's undertakings to end Afghanistan's
significant
cultivation and trafficking of narcotics.

Above all, with the fragmentation of the Soviet Union,
central Asian oil and gas fields were potentially
important to the global market.

A U.S. company, UNOCAL, actively sought to build a
pipeline from Turkmenistan to the Arabian Sea through
Afghanistan.

However, Washington's optimism about the Taliban was
soon shattered. It proved unable to extend its control
over the whole country and so ensure sufficient
security for a pipeline. Rather than suppress the drug
trade, the Taliban proceeded to encourage it, to its
own considerable profit.

In 1996 bin Laden was allowed to return to
Afghanistan, where he trained and organized his Arab
Afghans into an international terrorist network, aimed
mainly against the United States and Saudi Arabia. The
Taliban's brutal social and judicial policies, notably
its treatment of women, aroused strong protest in the
United States and elsewhere, effectively precluding a
close relationship.

Afghanistan under the Taliban became a pariah nation,
left to suffer under a singularly repressive regime
and a landscape that deteriorated during a prolonged
drought. The Taliban threatened the stability of
Pakistan (where it had enjoyed much sympathy), whose
nuclear weapons would become a major threat to peace
if they were to fall into the hands of extremists.

From the outset, therefore, the U.S. record in
Afghanistan has been one of purposelessness,
ambivalence, and neglect. It failed to prevent
Afghanistan from coming under Soviet control and
shunned it following the Soviet withdrawal, with the
result that Afghanistan became ripe for the Taliban
takeover. But its main error was in promoting the
"Arab-Afghan" presence during the Soviet occupation.

The moment of truth came in 1993, when it was found
that the World Trade Center bombers were Afghanistan-
trained militants.

Bin Laden subsequently used his militants to mount
murderous attacks on U.S. targets overseas and finally
on the World Trade Center on September 11, 2001. Many
of them have formed cells around the world, posing a
threat to the stability of governments that are vital
for U.S. global interests. Unraveling and neutralizing
bin Laden's network will take years of effort and
immense amounts of money.

Singularly lacking in U.S. policy toward Afghanistan
have been consistent, long-term planning based on
reliable intelligence, and an appreciation of its
importance in the context of America's global
interests. At this point, after years of neglect, a
major international effort is an absolute necessity.

The main issue, however, is wider than that. The bin
Laden brand of terrorism is the product of twisted
minds and a subculture of religious fanaticism. Such
fanaticism would not find a sea in which to swim but
for a growing resentment, verging on despair, among
the wretched of the earth. This is directed at a world
order under which a minority, mainly in Europe and
North America, live in unprecedented affluence, while
the great majority, not only in the Muslim world but
more widely, are compelled to live in abject poverty.
It is unlikely to be a coincidence that Afghanistan,
which is probably more wretched than any other country
in the world, has also been the seat of a global
terrorist threat.

Die Schlagzeilen von heute:

+++ Kabuler Marionette unter US-Schutz

+++ Neue Kämpfe zwischen Warlords in Afghanistan

+++ In Mazar wohnt das Grauen

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NewsTicker:

 

 

 

 

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Kabuler Marionette unter US-Schutz

Afghanistan: Ansehen Karsais schwindet mit Bestellung von Pentagon-Bodygards weiter

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24.07.2002 Junge Welt

Den Offenbarungseid über die verfehlte US-Politik in Kabul versuchte US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld mit Erfolgsmeldungen zu kaschieren. Während der Pressekonferenz am Montag nachmittag in Washington prahlte der Pentagon-Chef mit den »Erfolgen« seiner Kämpfer im »globalen Krieg gegen den Terror« und insbesondere in Afghanistan, wo die USA »das afghanische Volk befreit« hätten. Die Taliban seien »nicht länger an der Macht und Al Qaida auf der Flucht«. Zugleich mußte Rumsfeld jedoch eingestehen, daß der afghanische Präsident von US-Gnaden in seinen eigenen Wänden im Regierungssitz in Kabul sich derart unsicher und bedroht fühlt, daß er sich nicht länger von Afghanen beschützen lassen will, sondern nur noch von US-Bodyguards.

Am Montag wurden die zum Personenschutz des Paschtunen Karsai abgestellten afghanischen Soldaten überraschend davongejagt und von amerikanischen Special-Forces-Einheiten abgelöst. Nachdem das Attentat, dem kürzlich der ebenfalls paschtunische Vizepräsident Abdul Kadir zum Opfer gefallen war, immer noch nicht aufgeklärt ist und westliche diplomatische Kreise in Kabul zunehmend Warlords aus der die Regierung dominierenden Nordallianz als Drahtzieher vermuten, hätte eine »akute Bedrohungslage« gegen Karsai bestanden. Daher habe dieser um amerikanischen Schutz gebeten. Kadir war bereits der zweite Minister der neuen Regierung in Kabul, der innerhalb der letzten sechs Monate ermordet worden war. Abdul Rahman, der Minister für Luftfahrt und Tourismus, war im Februar auf dem Flughafen von Kabul von einer Menge, die angeblich über lange Wartezeiten wütend war, totgeschlagen worden. Karsai machte bereits damals Andeutungen, daß es sich um ein geplantes Attentat gehandelt habe, hinter dem er hochrangige Mitglieder seiner eigenen Regierung vermutete.

Da die etwa 50 abgezogenen afghanischen Personenschützer Karsais zur 10 000Mann starken Privatarmee des afghanischen Verteidigungsministers und Warlords der Nordallianz Mohammed Fahim gehören, liegt die Vermutung nahe, daß die akute Bedrohung des Präsidenten auch diesmal von dessen eigenem Kabinett ausgeht. Rumsfeld spielte die Entwicklung als vorübergehende Erscheinung von Wochen, höchstens Monaten herunter, bis die US-Streitkräfte geeignetere afghanische Bodyguards ausgebildet hätten. Aber, egal wie schnell das geht, der politische Schaden ist durch diesen schlechten Schachzug längst angerichtet. Nicht nur, weil es sich dabei um eine Beleidigung und Herausforderung eines der mächtigsten Männer der Regierung und der Nordallianz handelt, sondern auch, weil sich Karsai dadurch von seinen eigenen paschtunischen Landsleuten nur noch weiter isoliert und nun ganz und gar als Marionette der Amerikaner gesehen wird.

Karsai selbst hat in Afghanistan keine Machtbasis. Auch nicht innerhalb der ethnischen Gruppe der Paschtunen. Sie stellen mit etwa 40 Prozent die größte Bevölkerungsgruppe Afghanistans und haben über Jahrhunderte die politischen Geschicke des Landes dominiert. Nun fühlen sie sich von der Nordallianz und den Amerikanern zunehmend an den Rand gedrängt. Konsequent nur, daß der Widerstand gegen die Amerikaner zunimmt.

 

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Neue Kämpfe zwischen Warlords in Afghanistan

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24.07.2002 Netzeitung

Paschtunen und Tadschiken kämpfen um die Vormacht im Westen Afghanistans. Mindestens zwölf Menschen sind getötet worden.

Bei neuen Gefechten zwischen rivalisierenden Kriegsherren im Westen Afghanistans hat es mindestens zwölf Tote gegeben. Dutzende weitere Menschen seien verletzt worden, teilte am Dienstag ein Kommandeur in der Stadt Herat mit.

Paschtunen und Tadschiken kämpften seit Montag um die Kontrolle über den Bezirk Scheen Dend, sagte Hadschi Hasrat weiter. Zu der Militäraktion habe der tadschikische Gouverneur von Herat, Ismail Chan, aufgerufen.

Nach Informationen der afghanischen Nachrichtenagentur AIP soll am Montagabend ein Waffenstillstand ausgehandelt worden sein. Laut Hasrat gingen die Gefechte aber auch am Dienstag weiter. Ein Kommandeur der südafghanischen Stadt Kandahar schickte den Paschtunen demnach Verstärkung.

Seit der Vertreibung der radikal-islamischen Taliban brechen in Afghanistan immer wieder Kämpfe zwischen den verschiedenen Ethnien aus. Die Paschtunen, die die größte Volksgruppe bilden, halten Schlüsselpositionen in der Übergangsregierung inne. Zu ihnen gehört auch Präsident Hamid Karsai. (nz)

 

 

 

 

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In Mazar wohnt das Grauen

Ein Massengrab bei Schebergan zeugt von Massakern an Taleban-Gefangenen

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24.07.2002 Neues Deutschland

Wenn es nicht die vielen Gräberfelder rings um Mazar-e Scharif gäbe, würde niemand auf die Idee kommen, dass in der Region rings um die größte Stadt des afghanischen Nordens das Grauen wohnt.

Die Landstraße von Mazar-e Scharif nach Schebergan zieht sich malerisch an den nördlichen Ausläufern des Hindukusch entlang. Die Bäche und Flüsse aus dem Gebirge bewässern die Felder an der Straße: Obstbäume und Gemüsefelder, wo sonst Wüste wäre. Hier und dort sieht man aus Lehm gebaute Burgen. Die ältesten um die Stadt Balkh, vor Jahrhunderten ein wichtiger Knotenpunkt der Seidenstraße, stammen noch aus der Epoche Tamerlans, der im 14. Jahrhundert ganz Zentralasien beherrschte.

Die Milizionäre an den Straßensperren dösen in der Mittagshitze vor sich hin – ein friedlicher Anblick trotz der Gewehre, die sie gut sichtbar, wie es in Afghanistan üblich ist, vor sich auf einen Tisch gelegt haben. Schebergan selbst ist ein kleines aufgeräumt wirkendes Städtchen mit einer Erdgas-Raffinerie und einer gut erhaltenen Plattenbausiedlung am Ortseingang. Sie zeugt davon, dass Rashid Dostum bis 1992 auf der Seite der prosowjetischen Regierung gekämpft hat. Ende der 90er Jahre, als der Warlord im Norden Afghanistans einen Ministaat regierte, ließ er sogar eine Gas-Pipeline von hier bis in das 130 km entfernte Mazar-e Scharif bauen.

Nach 100 Metern stolpert man über Knochen

An vielen Häuserwänden von Schebergan hängen Plakate mit dem Konterfei des Generals. Die Straßen von Dostums Hochburg sind sauber, die Häuser kaum zerstört, und viel weniger Frauen als in anderen Städten des Landes tragen hier die alles verhüllende Burka. So muss Schebergan diejenige afghanische Stadt sein, in der der Bürgerkrieg am wenigsten Spuren hinterlassen hat.

Doch höchstens fünfhundert Meter von den letzten Häusern der Stadt entfernt sind Zeugnisse der mutmaßlichen Verbrechen zu sehen, die unlängst – nach der Aufführung des irischen Dokumentarfilms »Massaker in Mazar« in Berlin und Strasbourg – für Schlagzeilen in Europa gesorgt haben. Wer sich gut sechs Monate nach den Ereignissen auf die Suche nach dem Gräberfeld begibt, hat es zunächst nicht allzu schwer. Man fragt nach dem Viertel Pul Korasan, fährt drei Kilometer an ihm entlang auf der Straße nach Faryab, biegt nach rechts in einen Feldweg ab und – stolpert nach einhundert Metern über Knochen. Auf einer Fläche von etwa 15 mal 60 Metern wurde die Erde aufgegraben. Überall verstreut liegt das, was eigentlich verscharrt werden sollte, die streunenden Hunde der Gegend haben es ausgegraben: Stoffhosen, lange Gewänder und schwarze Turbane, wie sie die Taleban-Kämpfer trugen. Und vor allem Knochen, Becken, Oberschenkel, Schädel und Unterkiefer, an denen noch die Barthaare stehen.

Inzwischen gibt es kaum Zweifel daran, wessen Überreste hier liegen. Die Knochen stammen von Taleban-Gefangenen, die im Dezember vergangenen Jahres hier vergraben wurden. Koordiniert und begleitet von US-Soldaten ging die Nordallianz damals gegen die Taleban-Truppen vor. Aus der gesamten Region zogen sich die Taleban in die Stadt Kunduz zurück und handelten schließlich die Bedingungen ihrer Kapitulation aus. Die Nordallianz – sie besteht aus der von Tadshiken dominierten Partei Jamiat-e Islami, der Hazara-Partei Hizbe-e Wahadat und der von Usbeken dominierten Truppen Rashid Dostums – behauptet, sie habe in Kunduz 3600 Taleban gefangen genommen. Nach anderen Berichten machten sie dort bis zu 8000 Gefangene. 600 davon brachten sie in Dostums Festungsanlage Qala-i Jangi 15 Kilometer westlich von Mazar-e Scharif. Die restlichen in Dostums Hochburg Schebergan ins Gefängnis.

Auf die Frage, warum die Gefangenen in die Hände des Usbekengenerals übergeben wurden, sagt Mohamed Sardar Saidi, Wahadat-Parteichef in Mazar-e Scharif, der Nordosten sei damals noch nicht völlig unter der Kontrolle der Allianz gewesen, das Gefängnis in Mazar-e Scharif hatten die Taleban zerstört. Deshalb seien Qala-i Jangi und Schebergan die sichersten »Aufbewahrungsorte« für sie gewesen.

Welche Rolle die US-Amerikaner bei dieser Entscheidung spielten – sie haben die Gefangenen verhört – ist unklar. Kaum waren die 600 Taleban in die Festung Qala-i Jangi transportiert worden, überwältigten sie ihre Wachen, stürmten ein Waffenlager und verschanzten sich in den Kelleranlagen des Forts. Die Bilder des Aufstands gingen um die Welt, weil viele Kamerateams vor Ort waren, als die zur Hilfe gerufenen USA-Flugzeuge die Festung bombardierten. Dostums Soldaten, berichtet Major Suraj Uddin, einer der Kommandanten der Festung, fluteten schließlich den Keller, um die Gefangenen zur Aufgabe zu zwingen. Nur 86 Taleban überlebten. Die Toten wurden außerhalb der Festung begraben.

Doch am Rande von Schebergan sind offenbar weit mehr gefangene Taleban verscharrt. Dass in dem Massengrab Taleban liegen, verhehlt in Schebergan auch kaum jemand. »Ah, das Taleban-Grab meinen Sie«, sagt der Pförtner der Gasförderanlage gut gelaunt, als wir ein Stück zu weit gefahren sind. Und ein Junge, vielleicht acht oder neun Jahre alt mit einem Schulbuch unter dem Arm, weist uns sogleich den Weg – als fragten wir nach einem Restaurant oder einer Tankstelle.

Ein Paschtune mit flehendem Blick

Aber wenn wir genauer nachfragen, wer es denn war, der die Taleban dorthin gebracht hat, werden die Leute von Schebergan schweigsam. Dazu könne er nichts sagen, meint auch unser Fahrer, der oft zwischen Mazar und Schebergan pendelt. Erst als wir einen Mann an der Straße stoppen, der mit seinem Fahrrad zwei Kanister Speiseöl transportiert, erfahren wir mehr. Am Ende des Ramadan, der im Jahr 2001 auf die vier Wochen von Ende November bis Ende Dezember fiel, habe er dort an der Stelle fünf oder sechs Container-Lkws gesehen. Nein, Schüsse habe er keine gehört, sagt er und setzt sich wieder auf sein Fahrrad. Ob wir uns vielleicht an einem ruhigen Ort unterhalten könnten, fragen wir. Nein, er müsse jetzt unbedingt gehen, sagt er mit flehendem Blick. Nein, auch in sein Dorf dürften wir auf keinen Fall mitkommen. »Das müssen Sie verstehen!«. Aus seinem Gesicht spricht jetzt Angst: »Ich bin Paschtune« – Angehöriger des meist im Süden und Osten siedelnden afghanischen Mehrheitsvolkes, dem auch die meisten Taleban entstammten. »Niemand würde Ihnen in unserem Dorf etwas erzählen. Sie müssen wissen, dass es für uns Paschtunen im Norden heutzutage sehr schwer geworden ist.«

In dem nach wie vor von Warlords beherrschten Norden Afghanistans Zeugen zu finden, ist schwierig. Der irische Dokumentarfilmer Jamie Doran hatte Glück – in seinem Film »Massaker in Mazar« präsentiert er Soldaten der Nordallianz und zwei Lkw-Fahrer, die schier Unglaubliches berichten. Nach der Kapitulation der Taleban in Kunduz wären bis zu 3000 von ihnen in Container gepfercht, auf Lkws in die Wüste gebracht, und diejenigen, die noch nicht erstickt waren, erschossen worden. Den Befehl dazu habe ein USA-Offizier gegeben. An den Massakern hätten sich teilweise auch 30 bis 40 USA-Soldaten beteiligt. Sie hätten Kriegsgefangene gefoltert, zumindest einem das Genick gebrochen.

Unabhängig von Jamie Doran hat die seriöse US-amerikanische Nichtregierungsorganisation Physicians for Human Rights (PHR) das Massengrab außerhalb von Schebergan untersucht. Die Ärzte waren schon an gerichtsmedizinischen Untersuchungen im Auftrag der UNO-Tribunale für Ex-Jugoslawien und Ruanda beteiligt. In ihrem Bericht, den sie nach Ortsterminen im Januar und Februar geschrieben haben, zitieren auch sie zahlreiche Zeugen, die gesehen haben, wie die Taleiban außerhalb von Schebergan von Container-Lkw abgeladen wurden. Nach einem dritten Besuch im Mai gingen sie mit einem weiteren Detail an die Öffentlichkeit. Zuvor war es ohne Bedeutung erschienen, nun aber stützt es die Recherchen des irischen Dokumentarfilmers: Die Ärzte haben an drei Leichen in dem Grab eine Autopsie vorgenommen. Alle drei sind demnach erstickt. Und wem die von Doran ventilierte Zahl von bis 3000 ermordeten Taleban-Kämpfern übertrieben erscheint: Nach zuverlässigen Informationen (von UNO-Angestellten in Mazar-e Scharif) gibt es in der Nähe des Flughafens von Schebergan noch ein weiteres Massengrab von Taleban-Kämpfern.

Dass in der Provinz Mazar vor gut sechs Monaten eine Atmosphäre der straflosen Vergeltung geherrscht haben muss, zeigt noch ein weiteres Beispiel. Offenbar haben auch Milizionäre der Hizbe-e Wahdat ein Massaker unter Taleban angerichtet – als Reaktion auf die Ermordung tausender Angehöriger des Hazara-Volkes durch die Taleban nach der Eroberung von Mazar-e Scharif 1998.

USA-Soldaten stehen weiter unter Verdacht

Eines der Gräber liegt in Sichtweite der ehemaligen Sowjet-Kaserne Beze Sokta, an der Ausfallstraße von Mazar-e Scharif. Dort liegen in einem Graben die Toten des nahe gelegenen Hazara-Dörfchens Qassilabad. Ein junger Mann, der in der Nähe auf eine Herde Schafe aufpasst, berichtet, dass die Taleban seine ganze Familie, Vater, Mutter und Bruder erschossen und hier abgeladen haben. Und von wem sind die Knochen am anderen Ende des Grabens? »Die sind von einhundert pakistanischen Taleban.« Wie kann er das wissen? »Na, die Wahdat-Soldaten aus Beze Sokta haben mir doch selbst erzählt, dass sie sie hier erschossen haben.«

Dass sich die Kämpfer der Nordallianz an den Taleban gerächt haben, steht also außer Zweifel, und dass die Amerikaner davon nichts bemerkt haben sollten, ist sehr unwahrscheinlich. Bleibt also nur die Frage, ob sich auch USA-Soldaten an den Massakern beteiligt und sie sogar befohlen haben. Um das zweifelsfrei zu klären, müssten die Massengräber um Mazar-e Scharif genau untersucht und Zeugen gehört werden.

So lange Dostum und die anderen Warlords den Norden Afghanistans unter ihrer Kontrolle haben und solange die USA-Regierung alle Anschuldigungen gegen die Soldaten ihres Landes vehement abstreitet, wird dies allerdings nur durch starken internationalen Druck möglich sein. Aber solange wird auch der Verdacht gegen die USA-Soldaten weiter im Raum stehen. Umso mehr, weil einige Zeugen in Dorans Film aussagen, sie hätten sich selbst an den Erschießungen beteiligt und seien bereit, ihre Aussagen vor einem internationalen Gericht zu wiederholen.

Die Schlagzeilen von heute:

+++ Die Fehltreffer des Pentagon

+++ Saarland-Soldaten schreiben aus Kabul

+++ Zitternde Affen und ein einsamer verletzter Bär

+++ USA sollen Präsident Karsai schützen

+++ "Mit dem Vorschlaghammer gegen Fliegen"

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NewsTicker:

 

 

 

 

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Die Fehltreffer des Pentagon

US-Regierung spricht von 400, Wissenschaftler von über 3000 getöteten Zivilisten in Afghanistan

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23.07.2002 Junge Welt

Hollywood hätte die kriegsbegeisterte Szene nicht besser arrangieren können, als der US-Präsident am Wochenende auf der Militärbasis Fort Drum im Staat New York vor 2000 Soldaten der 10. Gebirgsdivision sprach, die enthusiastisch ihre Winkelemente schwenkten. Hemdsärmelig stand Oberbefehlshaber George W. Bush auf einem treppenartigen Podest, umringt von seinen Soldaten in Tarnanzügen, und wiederholte von starken Beifallsbekundungen begleitet seine Drohung, mit Präventivangriffen gegen alle Länder der Welt vorzugehen, die »eine Gefahr für Amerika darstellen«.

Etwa zur gleichen Zeit hat der neue Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) sich grundsätzlich zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr bekannt. Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt als Minister beim feierlichen Rekruten-Gelöbnis betonte Struck am Sonnabend in Berlin, der deutsche Soldat sei »ein Soldat für den Frieden«. Wie die amerikanischen Soldaten, unterstützt von der Bundeswehr, in Afghanistan »Frieden« machen, davon zeugt eine zunehmende Zahl von toten und verstümmelten Friedensopfern, was jetzt selbst das Pentagon eingestanden hat.

Der amerikanische Luftkrieg in Afghanistan, der sich auf die Strategie stützt, unter Einsatz von Hochtechnologie zu operieren und dabei die eigenen Soldaten in sicherer Entfernung zu halten, habe »ein Muster von Fehlern produziert, die für den Tod von Hunderten afghanischen Zivilisten verantwortlich seien, berichtete am Sonntag die New York Times unter Berufung auf die Ergebnisse einer internen Untersuchung des Pentagon. Vorortuntersuchungen von elf Plätzen, wo durch Luftangriffe mehr als 400 Zivilisten getötet wurden, machten deutlich, daß US-Kommandeure bei ihren Einsatzbefehlen zu oft »falschen Informationen von den lokalen Afghanen vertraut« hätten. Aufgrund der »Präferenz der Amerikaner für Luftschläge anstelle von risikoreicheren Bodenoperationen« sei eine »Überprüfung der Genauigkeit der nachrichtendienstlichen Informationen über die Ziele« nicht möglich gewesen.

Die für die letzten sechs Monate gemachte Untersuchung zeigt laut New York Times, daß durch die Pentagon-Strategie der »überwältigenden Gewalt« auch dann Zivilisten als »Kollateralschaden« getötet wurden, wenn die US-Angriffe klar identifizierten militärischen Zielen galten.

Anders als die renommierte Ostküstenzeitung zieht es der amerikanische Professor Marc Herold vor, Klartext zu sprechen. Der Dozent von der Universität New Hampshire sieht den Grund für die vielen zivilen Opfer des US-Bombenkriegs in der »offensichtlichen Bereitschaft« der amerikanischen Militärstrategen, »Bomben und Raketen auf dicht besiedelte Gebiete Afghanistans zu feuern«. Auch kommt er aufgrund der Recherchen seiner Forschungsgruppe auf eine viel höhere Zahl von zivilen Opfer als das Pentagon. Während das US-Verteidigungsministerium noch standhaft alle Berichte über zivile Bombenopfer in Afghanistan dementierte, hatte Herold nach eingehenden Untersuchungen aller in- und ausländischen Berichte die Zahl der vom US-Militär getöteten Zivilisten mit Stand vom 10. Dezember 2001 mit 3767 angegeben. Diese Zahl haben Herold und sein Team Anfang dieses Monats allerdings revidiert. So habe es offensichtlich in einigen Anfangsberichten aus Afghanistan Übertreibungen gegeben, die einer späteren Überprüfung nicht standgehalten hätten. Zudem sei es aufgrund unterschiedlicher Ortsangaben für dasselbe Ereignis zu einigen Doppelzählungen gekommen. Zugleich wurde die Untersuchung von Herold unter Einschluß der neuen Opfer im letzten Halbjahr auf den Stand von Ende Juni 2002 gebracht. Demnach liegt die Zahl der zivilen Kriegsopfer in Afghanistan zwischen 3115 und 3587.

 

 

 

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Saarland-Soldaten schreiben aus Kabul

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23.07.2002 Saarbrücker Zeitung

Rund 350 Bundeswehr-Soldaten der Saarlandbrigade bilden sechs Monate lang den Kern des deutschen Kontingents der Schutztruppe für Afghanistan, Isaf 2. Sie schildern in der "Saarbrücker Zeitung" ihre Eindrücke, aus Sicherheitsgründen allerdings anonym. Als erster schrieb Oberstleutnant P..

"Wir starten in Köln-Wahn und fliegen am Folgetag früh mit der Transall von Usbekistan aus nach Kabul. Wir müssen umsteigen, weil nur die Transall im Falle eines Angriffs auf das Flugzeug über die notwendigen Abwehrmittel verfügt. In Kabul werden wir von fröhlichen deutschen Soldaten empfangen, denn erst, wenn die Nachfolger gelandet sind, ist für die Vorgänger die Ablösung absolut sicher. Im Bus geht es zum Lager Warehouse. Reges Treiben in der Stadt, die ersten Geschäfte haben geöffnet. Kinder winken, später auch Erwachsene. An uns rumpeln orientalisch aussehende Lkw vorbei, behangen mit farbigen Schnüren. Im Lager Warehouse leben jetzt Soldaten aus 18 Nationen beieinander. Zelt an Zelt dicht nebeneinander, freie Flächen gibt es nicht. Die meisten von uns suchen gleich ihren Arbeitsplatz im Stab auf, dem einzigen intakten festen Gebäude im Lager. Küche und Kompanien sind in Zelten oder notdürftig reparierten Gebäuden untergebracht. Abends packen wir in den Zelten unsere Sachen aus. Gegen 20 Uhr wird es dunkel, ein prächtiger Sternenhimmel über uns. Spätestens jetzt ruft auch der Letzte zu Hause an. Trotz 5500 Kilometern Entfernung ist die Verbindung gut. Ab in den Waschcontainer, die erste Nacht hat begonnen."

 

 

 

 

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Zitternde Affen und ein einsamer verletzter Bär

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23.07.2002 Neue Luzerner Zeitung

D er Zoo von Kabul bietet ein trauriges Bild. Zitternde Affen hocken in ihren Käfigen, Adler leiden unter der brütenden Sommerhitze, ein einsamer Bär reibt sich die verletzte Nase. Trotzdem kommen jeden Tag rund hundert Menschen in den Zoo. Schliesslich bietet er die einzige Abwechslung in der vom Krieg zerstörten afghanischen Hauptstadt.

 

China will helfen

Zwei chinesische Organisationen wollen dem Zoo von Kabul weitere Tiere schicken. Zooexperten lehnen dies jedoch mit der Begründung ab, der Zoo könne heute nicht einmal seine bisher gehaltenen Tiere richtig pflegen. Die Zeit sei noch nicht reif für ein solches Geschenk, erklärte die Sprecherin der Vereinigung amerikanischer Zoos, Jane Ballentine. «Es ist einfach noch viel zu früh», sagte sie. «Sie können kaum die Tiere unterbringen, die sie heute haben, geschweige denn die Tiere ernähren.» Das chinesische Angebot sei zwar sehr grosszügig, aber es gebe keinen Platz für die Tiere. Der Zoo sei ausgebombt, der Wiederaufbau der Anlagen habe noch nicht begonnen.

Der Kabuler Zoodirektor Omar Schir sieht das anders. Es gebe genug Platz für weitere Tiere, erklärt er. «Eine chinesische Delegation hat kürzlich mit dem Botschafter in Kabul den Zoo besucht, und sie haben gesehen, dass hier alles internationalen Standards entspricht», betont Schir. «Die Chinesen haben versprochen, die Tiere bald zu schicken.»

Das Futter ist knapp

Für die wenigen Tiere ist das Leben im Zoo von Kabul hart: Das Futter ist knapp, die Käfige sind klein und schmutzig, und auch die Besucher nehmen wenig Rücksicht auf die Tiere. Die Affen werden oft mit Steinen beworfen und rennen dann schreiend durch ihren Käfig. Es gibt Besucher, die sogar in den Käfig der Adler springen und die Raubvögel schlagen. Eine traurige Berühmtheit erlangte während des Krieges ein anderer Bewohner des Zoos - der einäugige Löwe Mardschan. Die Bilder des geschwächten Raubtieres gingen um die Welt und wurden zum Symbol für das Leiden Afghanistans. Nach Mardschans Tod im Februar kündigten die beiden chinesischen Tierschutzorganisationen ihr Geschenk an.

Grab des Heldenlöwen

Mardschans ehemaliges Gehege wartet seither auf neue Bewohner. In der Nähe liegt sein Grab als ein Tribut «an den Heldenlöwen», wie er in Afghanistan genannt wird. «Die Situation ist nicht ideal für die Tiere», räumt Zoochef Schir ein. «Aber es ist viel besser als vorher.» Stolz zeigt er die vielen Briefe, die nach Mardschans Tod aus der ganzen Welt in Kabul eintrafen. Mit ihnen kamen auch viele Schecks, doch davon hatte der Zoo nichts gesehen. Er habe das Geld nie erhalten, sagt Schir und macht dafür das marode afghanische Banksystem verantwortlich. «Und wir konnten die Spender nicht anrufen, weil die Telefone nicht funktionierten», erklärt er. «Wer weiss, wer das Geld tatsächlich bekommen hat?»

Eine Beleidigung?

Der Umgang mit dem chinesischen Angebot ist nicht einfach, das räumen auch die Kritiker ein. Weder die amerikanische noch die chinesische Regierung haben Einfluss auf die Spende oder den Wiederaufbau des Zoos. Falls amerikanische oder europäische Organisationen die afghanischen Behörden zur Ablehnung des chinesischen Angebots bewegen sollten, könnte das als Beleidigung aufgefasst werden. «Wir müssen praktische Gründe anführen», glaubt daher der Direktor des Zoos North Carolina, David Jones. Der Zoo müsse sich vorerst auf den Wiederaufbau konzentrieren; dies sei eine Arbeit, die Jahre dauern könne. Denn, so folgert Jones: «Der Zoo ist im Grunde genommen immer noch ein Schlachtfeld.»

 

 

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USA sollen Präsident Karsai schützen

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23.07.2002 Frankfurter Neue Presse

Kabul (AP) Aus Angst um die Sicherheit von Präsident Hamid Karsai haben die afghanischen Behörden US-Soldaten zu Hilfe gerufen. Amerikanische Truppen sollten künftig den Palast des Präsidenten in Kabul schützen, sagte Karsais Sprecher Said Fasel Akbar am Montag. Nach den noch ungeklärten tödlichen Schüssen auf Vizepräsident Abdul Kadir Anfang Juli seien die Sicherheitsbedenken stetig gewachsen.

Die Ermittlungen zum gewaltsamen Tod Kadirs hätten noch keine Ergebnisse gebracht, sagte Akbar. Die Regierung habe daher handeln müssen, um einen besseren Schutz des Präsidenten zu gewährleisten. Die US-Soldaten sollen nun nach Angaben Akbars die afghanischen Sicherheitskräfte des Palastes ausbilden, so dass diese in einigen Monaten die Aufgabe alleine übernehmen könnten.

Aus dem Umfeld Karsais verlautete, dass rund 50 amerikanische Soldaten, darunter auch Sondereinsatzkommandos, für die Sicherheit des Präsidenten sorgen sollen. Die US-Truppen in Afghanistan wollten zu den Angaben keine Stellung nehmen. Am Wochenende begannen bereits Soldaten der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF mit der Ausbildung von Leibwächtern für Regierungsmitglieder. Die Schulung der ersten 240 Leibwächter soll nach ISAF-Angaben im August abgeschlossen sein.

Unterdessen nahmen die US-Streitkräfte auch vor Ort Ermittlungen zu dem amerikanischen Bombenabwurf auf, bei dem Anfang Juli 48 afghanische Dorfbewohner getötet und weitere 170 verletzt worden waren. Unter den Toten waren nach afghanischen Angaben auch 25 Besucher einer Hochzeitsfeier. Die Ermittler befragten nun in Kandahar die Soldaten, die an dem Vorfall beteiligt waren, erklärte ein Militärsprecher am Montag. In den kommenden Tagen sollten sie auch den zerstörten Ort in der Provinz Urusgan besuchen. Der Vorfall vom 1. Juli hatte für Spannungen in den afghanisch-amerikanischen Beziehungen gesorgt.

 

 

 

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"Mit dem Vorschlaghammer gegen Fliegen"

In Afghanistan wächst die Kritik an den Vereinigten Staaten / 5000 getötete Zivilisten seit dem vergangenen Oktober? / Von Erhard Haubold

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23.07.2002 Frankfurter Allgemeine Zeitung

NEU-DELHI, Der Bericht der amerikanischen Menschenrechtsorganisation Global Exchange, nach dem bei Angriffen der amerikanischen Luftwaffe in Afghanistan in den vergangenen sechs Monaten mehr als 800 Zivilisten ums Leben gekommen seien, hat Beobachter in Pakistan und Indien nicht überrascht. Sie sagen schon lange, daß Amerika, um eigene Verluste gering zu halten - 37 getötete Soldaten seit Oktober vergangenen Jahres -, mit dem Vorschlaghammer gegen Fliegen vorgehe. Dabei stütze man sich oft auf falsche Informationen von einheimischen Warlords. Diese seien von Washington großzügig mit Hunderten Mobiltelefonen ausgestattet worden und nutzten nicht selten die Gelegenheit, um von der amerikanischen Luftwaffe ihre Gegner bombardieren zu lassen. Nach Meinung von Fachleuten wie dem Pakistaner Rahimullah Yusufzai sind den Amerikanern längst die militärischen Ziele ausgegangen. So würden Piloten auf dem Rückflug von Einsätzen manchmal Bomben wahllos über Dörfern und Konvois abwerfen, um leichter landen zu können.

Offizielle amerikanische Stellen loben dennoch weiterhin die "Präzision" der Luftangriffe und weigern sich, Kollateralschäden zu benennen. In einer im Januar an der University of New Hampshire erstellten Untersuchung ist dagegen von fast 4000 getöteten Zivilisten seit Oktober 2001 die Rede. Mittlerweile soll die Zahl von 5000 Opfern erreicht sein. Damit wären in Afghanistan schon mehr Menschen zu Tode gekommen als bei den Terroranschlägen auf New York am 11. September.

Das "friendly fire" kostet Amerika Sympathien in einer Bevölkerung, die zunächst dankbar war für die Vertreibung der Taliban. Heute beschweren sich Afghanen, daß selbst Moscheen bombardiert würden und amerikanische Spezialeinheiten allzu "robust" aufträten. Nach dem - versehentlichen - Luftangriff auf das Dorf Kakrakai hätten sie die Überlebenden daran gehindert, sich um die Verwundeten zu kümmern. "Erst haben sie unsere Frauen bombardiert und sie wie Tiere umgebracht. Dann stürmten sie die Häuser und fesselten Frauen und Männer an den Händen, es war grausam", berichtete ein Dorfbewohner der Nachrichtenagentur AFP.

Seit der Beschießung einer Hochzeitsgesellschaft in der Provinz Uruzgan am Anfang des Monats, bei der 46 Personen ums Leben kamen, verlangen Provinzgouverneure, daß sie vor den nächsten Luftangriffen von den Amerikanern konsultiert werden. Sie sagen, daß von den zerstörten Dörfern viele zu klein seien, um auf einer Landkarte verzeichnet zu sein. Sie ärgern sich zudem darüber, daß von der Zivilbevölkerung besonders die Paschtunen - die mit vierzig Prozent die größte ethnische Gruppe sind - "bestraft" würden, weil der amerikanische Krieg gegen Al Qaida und Taliban vor allem im Süden und Osten Afghanistans geführt wird.

Die Paschtunen sind noch aus einem anderen Grund schlecht auf Amerika zu sprechen. Seit dem von Amerika unterstützten Einmarsch der von den Minderheiten der Tadschiken und Usbeken geführten Nordallianz in Kabul im November fühlen sie sich dort nicht ausreichend vertreten - obwohl sie immer in der Geschichte Afghanistans die führende Rolle spielten. An diesem Zustand hat auch die Petersberger Konferenz in Bonn Ende vergangenen Jahres nichts geändert. Um so mehr hatten die Paschtunen von Hamid Karzai, dem Paschtunen an der Spitze der Übergangsregierung, erhofft, daß er das ethnische Ungleichgewicht austarieren und die Macht der Warlords beschneiden werde. Entsprechend enttäuscht sind sie von der Loya Jirga, der großen Stammesversammlung im vergangenen Monat, auf der Karzai zwar zum Staatspräsidenten gewählt wurde, die Vorherrschaft der Tadschiken aber erhalten blieb. Sie kontrollieren die Streitkräfte, die Polizei und die verhaßten Geheimdienste, die nach der Ermordung des Vizepräsidenten Qadir, eines der wenigen Paschtunen in der neuen Regierung, sogleich in Verdacht gerieten. Der Versuch der Paschtunen während der Loya Jirga, dem alten König Zahir Schah eine symbolische Rolle zu geben und damit mehr Einfluß in Kabul zu gewinnen, scheiterte am Einspruch des amerikanischen Botschafters Zalmay Khalilzad. Er hatte den "Verzicht" des ehemaligen Monarchen bekanntgemacht, noch bevor Zahir Schah selbst Stellung nehmen konnte. Der in Afghanistan geborene Zalmay habe sich wie ein Vizekönig aufgeführt und dem amerikanischen Ansehen sehr geschadet, heißt es.

Präsident Karzai, der die Zahl der durch versehentliche Bombardements getöteten Zivilisten von seinem Sprecher auf "unter 500" hat herunterreden lassen, gilt seither als ein Lakai Washingtons, als "Sohn von George W. Bush". Kritisiert wird außerdem, daß die ethnische Zusammensetzung der Nordallianz auch in der neuen Armee weitergehe, die mit amerikanischer Hilfe gerade aufgebaut wird. Streitkräfte, die in einem solch hohen Maß auf einer Ethnie aufgebaut sind, seien ungeeignet, um den Vielvölkerstaat zu vereinigen. Der Honigmond mit den Amerikanern sei seit der Entscheidung gegen Zahir Schah vorbei, sagen Beobachter in Pakistan. Für sie hat das Nachbarland einen kritischen Punkt erreicht und ist nicht in der Lage, "als Staat zu funktionieren". Die Afghanen hätten gewollt, daß die Taliban gehen. Sie wollten aber nicht mit ansehen müssen, wie die Warlords zurückkehren - ausgestattet mit neuem Geld und Waffen aus Amerika, Rußland und Iran. Das sei der Grund, daß sie trotz ausgeprägten Nationalgefühls die Erweiterung des Mandats der internationalen Schutztruppe Isaf auf das ganze Land forderten. Niemand fühle sich sicher, die Infrastruktur sei zerstört, und im Norden gebe es Massenvergewaltigungen, zu denen es selbst unter den Taliban nicht gekommen war. Amerika habe viel zu früh einen Sieg verkündet. Dabei habe es sein eigentliches Kriegsziel, die Zerstörung von Al Qaida, bis heute nicht erreicht. Für die Wahl Karzais habe Amerika Hunderte Millionen Dollar an die Kriegsfürsten bezahlt.

 

 

 

Die Schlagzeilen von heute:

+++ 50 US-Bodyguards zum Schutz Karzais

+++ Fehltreffer: 800 Zivilopfer

+++ Afghanistan verteidigt Anti-Terror-Krieg der USA

+++ Rückkehrer nach Afghanistan stehen vor dem Nichts

+++ Mindestens 13 Tote bei Explosion in Afghanistan

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NewsTicker:

 

 

 

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50 US-Bodyguards zum Schutz Karzais

Das Leben des afghanischen Präsidenten Hamid Karzai ist offenbar hochgradig gefährdet. Aus Angst um dessen Sicherheit haben die afghanischen Behörden US-Soldaten um Hilfe gebeten.

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22.07.2002 Spiegel

Hamburg - Karzais Sprecher Said Fasel Akbar teilte mit, amerikanische Truppen sollten künftig den Palast des Präsidenten in Kabul schützen. Dazu sollen voraussichtlich rund 50 Soldaten, darunter auch Sondereinsatzkommandos, abgestellt werden. Die US-Truppen in Afghanistan wollten zu den Angaben keine Stellung nehmen.

Zu den Aufgaben der Soldaten gehöre es auch, Leibwächter für Mitglieder der afghanischen Regierung auszubilden. Am Wochenende sollen Soldaten der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe Isaf damit schon begonnen haben. Nach Isaf-Angaben soll die Schulung der ersten 240 Leibwächter im August abgeschlossen sein.

Die erhöhten Sicherheitsmaßnahmen sind als Reaktion zu sehen auf den noch immer ungeklärten Mord am afghanischen Vizepräsidenten Abdul Kadir Anfang Juli. Akbar sagte, da die Ermittlungen darüber, wer die tödlichen Schüsse auf Kadir abgegeben hat, noch keine Ergebnisse gebracht hätten, habe die Regierung handeln müssen, um einen besseren Schutz des Präsidenten zu gewährleisten.

Die US-Streitkräfte nahmen unterdessen in der Provinz Urusgan Ermittlungen auf zu dem amerikanischen Bombenabwurf, bei dem Anfang Juli 48 afghanische Dorfbewohner getötet und weitere 170 verletzt worden waren. Unter den Toten waren nach afghanischen Angaben auch 25 Besucher einer Hochzeitsfeier. Die Ermittler befragten nun in Kandahar die Soldaten, die an dem Vorfall beteiligt waren, erklärte ein Militärsprecher am Montag. In den kommenden Tagen sollten sie auch den zerstörten Ort in der Provinz Urusgan besuchen. Der Vorfall hatte dazu geführt, dass afghanische Gouverneure forderten, über künftige Angriffe informiert zu werden.

 

 

 

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Fehltreffer: 800 Zivilopfer

In Afghanistan sollen mindestens 800 Menschen durch amerikanische Fehlschläge getötet worden sein.

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22.07.2002 Presse

Von US-Bomben beschädigtes Haus in Derawat.

NEW YORK (afp). Durch militärische Fehlgriffe der US-Luftwaffe oder den übertriebenen Einsatz von Bomben sind nach einem Bericht der "New York Times" Hunderte von Zivilisten in Afghanistan getötet worden. Auch beim Beschuß von militärischen Zielen seien oft Zivilisten ins Visier geraten, berichtete die Zeitung. Sie bezog sich auf die sechsmonatige Untersuchung von elf Orten, an denen 400 Zivilisten getötet worden seien; oft seien die Ziele mit übermäßiger Sprengkraft bombardiert worden.

Die nichtstaatliche US-Organisation "Global Exchange" berichtete dem New Yorker Blatt, sie sei bei ihren Recherchen auf 812 getötete Zivilisten gestoßen. Diese Zahl werde sich vermutlich erhöhen, wenn die Nachforschungen auch auf abgelegenere Dörfer ausgeweitet würden.

Die US-Streitkräfte, die in den vergangenen Monaten verstärkt Bodentruppen auf der Suche nach verbliebenen Taliban- und al-Qaida-Kämpfern einsetzten, wiesen den Vorwurf nach unverhältnismäßigen Bombardements zurück. "Wir prüfen die Gefahr für Zivilisten sorgfältig", sagte ein Sprecher des Zentralkommandos in Tampa im US-Staat Florida. Ziele würden vor einem Angriff exakt identifiziert.

In Afghanistan verstärken sich unterdessen die Forderungen, daß die Regierung in Kabul mehr Einfluß auf die Kampfhandlungen nehmen sollte. "Uns muß eine größere Rolle eingeräumt werden", sage Außenminister Abdullah Abdullah.

 

 

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Afghanistan verteidigt Anti-Terror-Krieg der USA

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22.07.2002 Netzeitung

Afghanistan bestreitet, dass bei US-Luftangriffen versehentlich mehr als 800 Zivilisten getötet worden sind. «Wir kämpfen den gleichen Krieg», betont die Regierung.

 

Afghanistans Regierung nimmt die USA für ihr Vorgehen im Afghanistan-Krieg in Schutz. Ein Sprecher des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai bestritt gegenüber BBC, dass mehr als 800 Zivilisten bei Luftangriffen wegen Fehlgriffen und Falschinformationen getötet worden seien. Das hatte die «New York Times» berichtet.

Der Sprecher, Tajeb Dschawad, erklärte dagegen, es handele sich um weniger als 500 Zivilisten, die bei den Angriffen getötet worden seien. «Die Afghanen und die Amerikaner kämpfen den gleichen Krieg», betonte er.

Die Regierung bitte die USA allerdings, vorsichtiger zu sein und Geheimdienstberichte vor Angriffen zu überprüfen. (nz)

 

 

 

 

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Rückkehrer nach Afghanistan stehen vor dem Nichts

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22.07.2002 Ostsee Zeitung

Puli Sofian (AP) Nach sieben Jahren im Exil konnte Ghan Mir es nicht erwarten, in sein Zuhause im Schomali-Tal in Afghanistan zurückzukehren. Doch als er mit seiner Frau und den sieben Kindern aus dem Bus stieg, mit dem die Familie aus Pakistan in ihre Heimat zurückgefahren war, traute er seinen Augen nicht: Das große Anwesen inmitten von Ölbäumen und Weingärten, das ihm einmal gehörte, ist heute eine ausgebombte Ruine in einer staubigen Wüste, umgeben von einem Minenfeld.

Seit dem Zusammenbruch des Taliban-Regimes kehrten 1,2 Millionen afghanische Flüchtlinge aus Pakistan und anderen Nachbarländern in ihre Heimat zurück. Nach UN-Angaben handelt es sich um die rasanteste Rückkehrbewegung auf freiwilliger Basis in der Geschichte. Geschwindigkeit und Umfang haben die internationalen Hilfsorganisationen überrascht. Nach ursprünglichen Schätzungen wurden 800 000 der vier Millionen im Ausland lebenden Afghanen in diesem Jahr in ihrer Heimat zurück erwartet.

Auf Grundlage dieser Schätzungen steuerten Geberländer 205 Millionen Dollar für Ernährung und Grundausstattung der Rückkehrer bei. Auch diese Summe lag schon 66 Millionen Dollar unter dem, was die Hilfsorganisationen für nötig erachteten. Nachdem nun erwartet wird, dass in diesem Jahr zwei Millionen Afghanen nach Hause zurückkehren, befürchten die UN Schlimmes. „Wenn sich die internationale Gemeinschaft nicht schnellstens besinnt, stehen wir vor einer großen humanitären Krise", sagt Ragnmila Ek, Sprecherin des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR). „Die Situation ist dramatisch." Von der afghanischen Übergangsregierung ist keine Hilfe zu erwarten. Sie hat kaum genug Geld, um die Gehälter der Beamten zu zahlen.

 

 

 

 

 

 

 

 

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Mindestens 13 Tote bei Explosion in Afghanistan

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22.07.2002 Rheinpfalz Online

 

 

Durch die Explosion einer Landmine sind in Afghanistan mindestens 13 Insassen eines Busses ums Leben gekommen. Wie die UNO in einer Erklärung mitteilte, wurden am Samstag sechs weitere Menschen verletzt, als das Fahrzeug über den Sprengsatz fuhr. Das Unglück ereignete sich in der stark verminten zentralafghanischen Region Bamijan. Der Fahrer habe sich von den Warnungen der einheimischen Bevölkerung nicht davon abbringen lassen, die gefährliche Route zu benutzen, hieß es weiter.

Afghanistan gehört zu den am stärksten verminten Länder der Welt. Nach 23 Jahren Krieg sollen sich dort noch rund zehn Millionen Minen befinden. Häufig kommt es zu Unfällen. Bis zur Vertreibung der Taliban aus der Region im vergangenen Jahr gehörte Bamijan zu den am stärksten umkämpften Gebieten.

Die US-Zeitung "New York Times" berichtet unterdessen, dass durch militärische Fehlgriffe der US-Luftwaffe oder den übertriebenen Einsatz von Bomben hunderte Zivilisten in Afghanistan getötet wurden. Auch beim Beschuss von militärischen Zielen seien oft Zivilisten ins Visier geraten. Die "New York Times" bezog sich auf die sechsmonatige Untersuchung von elf Orten, an denen 400 Zivilisten getötet worden seien.

Oft seien die Ziele mit übertriebener Sprengkraft bombardiert worden. Die nichtstaatliche US-Organisation Global Exchange berichtete der Zeitung, sie habe bei ihren Recherchen eine Liste mit 812 getöteten Zivilisten erstellt. Diese Zahl werde sich vermutlich weiter erhöhen, wenn auch die Bewohner abgelegenerer Dörfer erreicht würden.

Die USA, die in den vergangenen Monaten vermehrt Bodentruppen auf der Suche nach verbliebenen Taliban und El-Kaida-Kämpfern einsetzten, wiesen den Vorwurf nach unverhältnismäßigen Bombardements zurück. "Wir prüfen die Gefahr für Zivilisten sorgfältig", sagte ein Sprecher des Zentralkommandos in Tampa im US-Bundesstaat Florida. Ziele würden vor einem Angriff eindeutig identifiziert.

 

Nafeez M. Ahmed
Geheimsache 09/11
Hintergründe über den 11. September und die Logik amerikanischer Machtpolitik
Riemann
Originaltitel: The War on Freedom
Originalverlag: Tree of Life Publications
Übersetzer: Mihr VerlagsService
Umfang: ca. 512 Seiten
Ladenpreis: ca. € 24,00 [D] / € 24,70 [A] / sFr 40,50ISBN: 3-570-50042-X
Erscheinungstermin: März 2003

Buch

Nach den Anschlägen des 11. September standen die Schuldigen sofort fest: Osama bin Laden und seine Al Qaida Terrororganisation. Mit Hilfe umfassender Recherchen und über 700 ausführlichen Quellenzitaten belegt der Autor, dass dies nur ein kleiner Teil der Wahrheit ist.

Der Führungsebene der amerikanischen Geheimdienste und der Regierung von George Bush lagen detaillierte, sich gegenseitig bestätigende Berichte über die Flugzeugentführungen vor. Dieses Attentat wurde billigend in Kauf genommen, um im Gegenzug geostrategische Machtinteressen einfacher durchsetzen zu können.

Bis heute verfolgt die Bush-Administration die Doppelstrategie, fundamentalistische Terrororganisationen insgeheim zu unterstützen, um missliebige Regierungen zu schwächen, und die eigene Militärpräsenz auszuweiten.

Warum wurden die USA am 11. September 2001 das Opfer eines bislang einzigartigen Terroranschlags? Wer trägt hierfür die Verantwortung? Wenn wir den Informationen der amerikanischen Regierung glauben, ist die Angelegenheit eindeutig. Bereits einige Tage nach diesem schrecklichen Ereignis stand der Schuldige fest: Osama bin Laden und sein Al Qaida Netzwerk.

In „Geheimsache 09/11" dokumentiert Nafeez Ahmed, dass diese offizielle Wahrheit mehr verschweigt als offenlegt. In seiner brillanten Analyse, die er mit über 700 Quellen aus der internationalen Presse, aus Geheimdienstberichten und Aussagen von Politikern belegt, kommt Ahmed zu der dramatischen Erkenntnis, dass die Führung der amerikanischen Dienste FBI, CIA und NSA und damit die US-Regierung über präzise geheimdienstliche Erkenntnisse vor dem geplanten Anschlag verfügten. Die Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon hätten verhindert werden können, wenn die amerikanische Regierung das gewollt hätte. Schockierend aber wahr: Dies war ganz offensichtlich nicht der Fall.

Wenn wir heute, über ein Jahr danach, sehen, wie sich die amerikanische Politik verändert hat, können wir verstehen, warum dieser kriminelle Anschlag toleriert wurde. Wem nutzt es?, pflegen Juristen angesichts eines Verbrechens zu fragen. Nutznießer von 09/11 ist der strategisch-militärisch-industrielle Komplex der USA.

In der Folge des 11. September haben die USA in bis dahin ungekannter Art und Weise ihre Macht erweitert: Neue Stützpunkte in Zentralasien umkreisen China und sichern den Zugriff auf die Ölvorkommen am Kaspischen Meer. Eine Militärdoktrin der unverhohlenen Einschüchterung gegenüber dem Rest der Welt - „wer nicht für uns ist, ist gegen uns" - begnügt sich nicht mehr mit Abschreckung und abgestufter Vergeltung, sondern droht offen mit Präventivschlägen gegen Länder, denen die USA misstrauen. Selbst konservative amerikanische Politiker bezeichnen die neue Militärdoktrin als „muskulös-aggressiv". Gleichzeitig wurde durch Bushs Justizminister John Ashcroft unter dem euphemistischen Label „USA Patriotic Act" ein ganzes Bündel von weitreichenden Gesetzesänderungen im Schnellverfahren durchgesetzt, die vor dem 11.09. völlig undenkbar gewesen wären.

Nafeez Ahmed belegt mit zahlreichen ausführlich zitierten Quellen u.a.:

* USA und UdSSR sind gemeinsam für das Aufkommen von religiösem Extremismus, Terrorismus und Bürgerkrieg in Afghanistan seit den 80er Jahren verantwortlich.

* Die USA haben den Aufstieg der Taliban unterstützt, obwohl kein Zweifel an deren menschenverachtendem Regime bestand.

* Bereits ein Jahr vor dem 11. September 2001 haben die USA mit Kriegsvorbereitungen gegen Afghanistan begonnen, um ihren Einfluss auf Zentralasien zu verstärken.

* Untersuchungen über die saudische Königsfamilie und die Bin Laden Group wurden von der US-Administration unterbunden. Osama bin Laden wurde indirekt unterstützt. Die USA hatten nachweislich im Vorfeld des 11. September mehrere Möglichkeiten, Osama bin Laden festzusetzen.

* Mutmaßliche Al-Qaida-Terroristen, finanziert von Saudi-Arabien, wurden mit aktiver Duldung der US-Regierung in militärischen Einrichtungen der USA ausgebildet.

* Hochrangige Repräsentanten der US-Regierung, des Militärs, der Geheimdienste und der Polizei erhielten dringende, sich gegenseitig bestätigende Warnungen vor den Anschlägen des 11. September.

Diese Hinweise wurden nach dem 11.09. geleugnet.

* Nur durch systematische Nichtbefolgung der für Flugzeugentführungen vorgesehenen Notfallsysteme der US-Luftwaffe wurde es möglich, dass der zweite Turm des World-Trade-Centers und das Pentagon von entführten Passagiermaschinen getroffen wurden.

* Laut FBI hat der vormalige Chef des pakistanischen Geheimdienstes ISI, Mahmoud Ahmed, an den Führer der Terroristen, Mohamed Atta, mindestens 100.000 $ gezahlt. Nach dem 11.09. wurde Ahmed von den USA zum Rücktritt gedrängt, um Nachforschungen und einen politischen Skandal zu verhindern.

* Maßgebliche Geheimdienst- und Militärexperten bestätigen, dass die von langer Hand vorbereitete synchrone Entführung von vier Passagiermaschinen die logistischen Möglichkeiten von Al Qaida bei weitem überfordert hätte. Mindestens ein Geheimdienst hat geholfen. Alles deutet auf ISI hin, den Geheimdienst Pakistans.

* Nach wie vor bemüht sich die derzeitige US-Regierung nicht ernsthaft, Osama bin Laden zu fassen; denn seine und Al Qaidas Existenz schaffen ein genehmes Feindbild und lenken von eigenen Problemen ab.

Von der US-Regierung wurde der Al Qaida-Anschlag verglichen mit dem Angriff der Amerikaner auf Pearl Harbor. Pearl Harbor markierte den Eintritt Amerikas in den Zweiten Weltkrieg, der bis dahin von der amerikanischen Bevölkerung mehrheitlich abgelehnt worden war. Die Ironie an der Geschichte: Inzwischen freigegebene Geheimdienstdokumente beweisen, dass Präsident Roosevelt bestens über den bevorstehenden Angriff informiert war, die Truppe vor Ort aber nicht informierte, um durch dieses Menschenopfer die amerikanische Öffentlichkeit für den von ihm gewünschten Kriegseintritt zu gewinnen. Geschichte wiederholt sich!

Autor

Nafeez M. Ahmed ist Engländer bangladeshischer Abstammung. Er leitet das Institute for Policy Research & Development, einen unabhängigen, interdisziplinär arbeitenden Think Tank in Brighton, England. Sein Institut beschäftigt sich mit Untersuchungen und Analysen im Sinne der Durchsetzung vom Menschenrechten und der Friedensförderung. Ahmed hat sich speziell mit der jüngeren Geschichte Afghanistans auseinandergesetzt. Seine diesbezüglichen Arbeiten werden sowohl von der Harvard University als auch der California State University empfohlen. Nafeez M. Ahmed lebt mit seiner Frau und Kind in Brighton.

Pressestimmen

"Das erschütterndste Buch mit der besten Analyse über 09/11, das ich bisher gelesen habe."

Gore Vidal

"Ahmeds außergewöhnliches Buch bringt die Fakten, die sich hinter der vordergründigen Rhetorik verbergen."

Prof. Johan Galtung, University of Hawaii

"Machtvoll, verstörend und hochinteressant. Ihre ausgezeichnete Untersuchung über den Hintergrund der Ereignisse um den 11. September sollte einem möglichst großen Publikum bekannt werden."

(Aus einem Brief an den Autor) Prof. Arno Tausch, Universität Innsbruck

Links

Biographie bei AuthorsDen: http://www.authorsden.com/visit/author.asp?AuthorID=8655

Homepage der englischen Buchausgabe: http://waronfreedom.mediamonitors.net/

Onkine-Thinktank des Autors: http://www.globalresearch.org/

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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