Gefährlich wird es, wenn die Dummen fleißig werden!

 

 

Ein Jahr nach dem Fall von Kabul
Afghanistan versinkt in Armut, Unsicherheit und despotischer Herrschaft

 

 11.12.2002 wsws

Von Peter Symonds

Es ist nun ein Jahr her, seit die USA in Afghanistan das Taliban-Regime von der Macht vertrieben und Hamid Karsai an die Spitze einer Interimsregierung setzten. Abgesegnet wurde dies von einer Konferenz handverlesener afghanischer "Vertreter", die Ende November 2001 unter Federführung der Vereinten Nationen auf dem Bonner Petersberg tagte. Damals wurde in zahlreichen Reden eine neue Epoche von Frieden, Wohlstand und Demokratie in Afghanistan beschworen.

Zwölf Monate später haben sich die Versprechungen als wertlos erwiesen. Die Wirtschaft liegt danieder. Ein großer Teil der versprochenen internationalen Finanzhilfen erreichten nie ihre Adressaten. Millionen Afghanen leben unter schlimmen Bedingungen ohne ausreichende Nahrungsmittel, sauberes Wasser, Kleidung, Unterkunft und Elektrizität, ganz zu schweigen von ordentlichen Schulen und medizinischer Versorgung. Der größte Teil des Landes ist in winzige Stammesgebiete aufgesplittert, die unter der Kontrolle von konkurrierenden Warlords, Milizkommandeuren und Stammesfürsten stehen, die alle darauf aus sind, ihren Reichtum und ihre Macht auf Kosten ihrer Rivalen und der Bevölkerungsmasse zu mehren.

In Kabul steht Karzai an der Spitze einer wackligen Regierung, die von ethnischen und fraktionellen Rivalitäten tief zerrissen ist. Das einzige Zugeständnis an den demokratischen Schein war eine Loya Jirga (Stammesversammlung) im Juni, die Karzai, den Kandidaten Washingtons, als Interimspräsidenten absegnete. In Ermangelung einer eigenen Machtbasis ist Karzai von der finanziellen, militärischen und politischen Unterstützung der Großmächte, in erster Linie der USA, abhängig. Seine Position ist so schwach, dass Washington im Juli entschied, ihm eine Abteilung seiner Special Forces als Leibwächter an die Seite zu stellen.

Karzais politische Ohnmacht wird immer dann deutlich, wenn er etwas durchsetzen will. Anfang November kündigte der Präsident die Absetzung von korrupten regionalen Beamten an, die ihre Macht missbrauchen. Um zu beweisen, dass er und nicht die Warlords das Land regieren, ordnete Karzai die Entlassung von zwanzig örtlichen Bürokraten, Militärkommandanten und Geheimdienstoffizieren an. Die Vorwürfe gegen sie reichten von Drogenhandel bis Erpressung.

Die Entlassungen folgten einer siebenwöchigen Rundreise von Regierungsinspektoren durch Teile des Landes. Einer der Chefinspektoren, Abdullah Anwari, sagte der Washington Post : "Überall wo wir hinkamen, baten uns die Leute um Hilfe. Unser Ziel war es, die Öffentlichkeit von tyrannischen und illegalen Übergriffen zu befreien, die Anarchie auszurotten und die Zentralregierung zu stärken. Wenn wir das an einigen Orten erreicht haben, wäre das ein historischer Schritt."

Doch niemand glaubt im Ernst, dass diese Maßnahmen "tyrannischen Übergriffen" Einhalt geboten oder "die Anarchie beseitigt" haben. Minister Yusuf Pashtoon erklärte, es sei nie der Zweck der Übung gewesen, die regionalen Warlords in die Schranken zu weisen. "Einige Leute wollten sofort den großen Wurf, es war aber nur ein wichtiger erster Schritt auf einem hundert Kilometer langen Weg. Nachdem wir einige Sündenböcke herausgefischt und gute Leute ermutigt haben, hoffen wir, dass die Höhergestellten Lehren ziehen und sich korrigieren," sagte er.

Alle wichtigen regionalen Machthaber verfügen über Vertreter in Karzais Kabinett. Sie beabsichtigen nicht, ihre Macht freiwillig aufzugeben. Figuren wie General Abdul Rashid Dostum in der nordafghanischen Stadt Masar-i-Sharif und Ismael Khan in Herat im Westen sind in ihren eigenen Gebieten selbst das Gesetz, haben ihre eigenen Milizen, erheben eigene Zölle und Steuern und verhängen nach eigenem Gutdünken Strafen. Und sie tun das mit dem stillen Einverständnis der USA, die diese Warlords als Teil ihrer Operationen zum Sturz der Taliban unterstützt und zum Teil finanziert und bewaffnet hatten.

In einem Bericht, den die US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kürzlich veröffentlichte, wird die Lage im Westen des Landes beschrieben: "Ismael Khan hat in Herat quasi einen eigenen Ministaat errichtet, der wenig Verbindungen zu Kabul hat. In Herat herrscht noch weitgehend die gleiche Situation wie vor dem Sturz der Taliban: Es ist eine geschlossene Gesellschaft, in der es keine abweichende Meinung gibt, keine Kritik an der Regierung, keine unabhängigen Zeitungen, keine Versammlungsfreiheit und keine Rechtssicherheit. Das ganze Jahr über hat es politisch motivierte Verhaftungen und Gewalt gegeben. Neben den politischen Fällen wurden auch gewöhnliche Kriminelle tagelang festgehalten, brutal geschlagen oder gefoltert, eingeschüchtert und erniedrigt."

Der Bericht von Human Rights Watch erklärt, dass die USA Khan Ende 2001 und Anfang 2002 mit Militär- und Finanzhilfe unterstützt haben und mit Khans Einverständnis eine Operationsbasis für ihre Spezialkräfte und andere Truppen in der Nähe von Herat unterhalten. Amerikanische Militär- und Zivilberater haben sich bei Khan die Klinke in die Hand gegeben, unter ihnen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, der den lokalen Despoten als "eine sympathische Person" beschrieb, "überlegt, gemessen und selbstbewusst."

Ein Blick auf andere Regionen würde Ähnliches zu Tage fördern. In Nordafghanistan sind diese Woche neue Kämpfe zwischen Truppen Dostums und des rivalisierenden Warlords General Atta Mohammed ausgebrochen. Der Usbeke Dostum und der Tadschike Mohammed arbeiteten im vergangenen Jahr eng mit den amerikanischen Streitkräften zusammen, um die Taliban aus Masar-i-Sharif und anderen Städten im Norden zu vertreiben. Seitdem kämpfen sie brutal um die Vormachtstellung. Dutzende Kämpfer sind gefallen und Tausende Zivilisten, besonders ethnische Paschtunen, aus ihren Häusern vertrieben worden.

Die USA diktieren die Bedingungen

Es ist symptomatisch für die Verhältnisse in Kabul, dass Ende Oktober der UN- Sondergesandte Zalmay Khalilzad nach Masar-i-Sharif ging, um die Kämpfe durch eine Mischung aus Bestechung und Druck zu beenden, und nicht ein afghanischer Vertreter. Khalilzad, der als eine Art Prokonsul die Bedingungen der USA in Afghanistan diktiert, erklärte vor der Presse, es sei an der Zeit, dass die regionalen Kommandeure sich darüber klar würden, ob sie in die Regierung eintreten wollten. Angesichts der Tatsache, dass die USA die Hilfszahlungen für Nordafghanistan schon suspendiert haben, konnte man Khalilzads Warnung nur als Drohung mit einer militärischen Intervention verstehen.

Im vergangenen Jahr hat Washington absichtlich für chaotische Zustände in Afghanistan gesorgt, um weiter die Peitsche schwingen zu können. Während die 4.800 multinationalen Friedenstruppen auf Kabul beschränkt waren, konnten sich die 8.000 amerikanischen Soldaten nach Belieben im Land bewegen. Amerikanische Offiziere, CIA-Agenten und andere Vertreter haben mit verschiedenen Warlords und lokalen Kommandeuren verkehrt und sie in einigen Fällen mit Geld und Waffen versorgt. Große Waffenlager, die von US-Truppen bei der Verfolgung von Überresten des Taliban-Regimes und Al-Qaida Gruppen entdeckt wurden, übergaben sie an lokale Günstlinge und nicht an die Zentralregierung in Kabul.

Karzai, der sich auf keine ihm persönlich loyal ergebene Miliz stützen kann, befehligt lediglich die nationale Armee, die gegenwärtig vier Bataillone mit etwa 1.400 im vergangenen Jahr ausgebildeten Soldaten zählt. Sie sind zwar offiziell "Freiwillige", praktisch stellen aber die Warlords den größten Teil dieser Soldaten. Die schätzungsweise 200.000 Milizkämpfer, die von den verschiedenen starken Männern in den Regionen kontrolliert werden, sind diesen winzigen Kräften an Zahl und Ausrüstung weit überlegen.

Anfang November kündigte der amerikanische Generalstabschef Richard Myers eine Neuorientierung an. Er erklärte: "Ich habe offen gesagt den Eindruck, dass wir dort [in Afghanistan] etwas die Initiative verloren haben." Er gab indirekt zu, dass die Feindschaft gegen die militärische Präsenz der USA zunimmt, und deutete an, dass man sich zukünftig mehr "auf den Rekonstruktionsaspekt in Afghanistan" konzentrieren werde. Die Armee plant, zweihundert zivile Spezialisten zu schicken, um kleinere Aufbauprojekte durchzuführen und damit die "Herzen und Köpfe" zu gewinnen.

Es herrscht in Washington offensichtlich die Sorge, dass hinter der wachsenden Anzahl sporadischer Angriffe auf US-Truppen besonders in den Paschtunengebieten im Süden und Osten, wo amerikanische Kräfte besonders aktiv gewesen sind, eine wachsende Ablehnung des US-Militärs stecken könnte. Militärsprecher Oberst Roger King kommentierte kürzlich: "Fast dauernd wird irgendwo auf irgendjemanden geschossen. Wir werden täglich angegriffen. Es ist noch geringfügig. Es ist unorganisiert. Wir wissen nicht, wer es ist. Es sieht nicht so aus, dass es feste Mitglieder von irgendwas sind."

Die Unzufriedenheit und Opposition wird noch durch die schlechte wirtschaftliche Lage verstärkt. Nach zwei Jahrzehnten Bürgerkrieg sind der größte Teil der afghanischen Industrie, Landwirtschaft und Infrastruktur zerstört und das Land von internationaler Wirtschaftshilfe abhängig. Weniger als die Hälfte der auf einer Geberkonferenz in Tokio im Januar für dieses Jahr versprochenen 1,8 Mrd. Euro Hilfsgelder ist auch tatsächlich geflossen. Insgesamt wurden 4,5 Mrd. Euro über fünf Jahre zugesagt, weniger als die Hälfte der von der UNO für nötig erachteten zehn Milliarden.

Der US-Kongress hat kürzlich großmütig drei Mrd. Dollar an Hilfen für Afghanistan für die nächsten vier Jahre beschlossen. Davon sollen alleine eine Milliarde für die Ausdehnung der Friedenstruppen über Kabul hinaus aufgewendet werden und weitere 300 Millionen sollen als Darlehen an private Firmen gehen. Die verbleibenden 425 Millionen Dollar pro Jahr für Wiederaufbauprojekte belaufen sich auf gerade einmal 17 Dollar pro Person, und werden von den geschätzten 15 Mrd. Dollar weit in den Schatten gestellt, die die USA im vergangenen Jahr für Militäroperationen aufgewendet haben.

Der gesamte, im Oktober aufgestellte afghanische Staatshaushalt beträgt nur 460 Millionen Euro. Weil sie über keinerlei nennenswerte eigene Einnahmen verfügt, ist die Regierung völlig von ausländischer Hilfe abhängig. 90 Millionen Euro oder zwanzig Prozent des Haushalts sind noch nicht finanziert. Staatsangestellte, Polizisten und Soldaten werden oft nicht bezahlt und beteiligen sich deshalb an Erpressung, Plünderung und Überfällen. Außerhalb von Kabul sind Regierungsangestellte weitgehend auf sich selbst gestellt und damit der Gnade der lokalen Warlords ausgeliefert.

Ein großer Teil der Finanzhilfen steht nicht unter der Kontrolle der afghanischen Regierung und dient den strategischen und ökonomischen Interessen der USA und anderer Großmächte. Karzai beschwerte sich vergangenen Monat, dass 800 Millionen der 890 Millionen Euro Hilfsgelder für Afghanistan an die UNO und die Bürokratie der ihr angegliederten, aus dem Kraut schießenden Hilfsagenturen in Kabul gegangen seien.

Washington hat der Wiederherstellung der Nationalstraßen des Landes, die die großen Städte und die benachbarten Länder miteinander verbinden, hohe Priorität eingeräumt und 650 Millionen Euro von den Geberländern für dieses Projekt mit Beschlag belegt. Ein ordentliches Straßennetz wird natürlich vorteilhafte wirtschaftliche Auswirkungen für die afghanische Bevölkerung haben. Die verbesserte Verkehrsstruktur ermöglicht es aber auch, Truppen schneller in Unruhegebiete zu verlegen.

Aber das wichtigste Motiv für die Wiederherstellung des Straßennetzes sind Washingtons Ambitionen, die riesigen Öl- und Gasreserven in Zentralasien zu kontrollieren. Überlandstraßen in Afghanistan werden eine verlässliche Verbindung zu Binnenländern wie Tadschikistan, Usbekistan und Turkmenistan ermöglichen. Sie werden es den USA erlauben, ihren politischen und ökonomischen Einfluss in diesen Ländern auszubauen und deren Abhängigkeit von Russland, China und Iran als Transitländer lockern.

Die soziale Krise dauert an

Das Wohlergehen der einfachen afghanischen Bevölkerung steht auf der Liste der wirtschaftlichen Prioritäten Washingtons an letzter Stelle. Während seines Besuchs in Afghanistan im vergangenen Monat betonte der amerikanische Finanzminister Paul O’Neill, es sei nötig Bedingungen zu schaffen, damit "sich der private Sektor entwickeln kann". Völlig uninteressiert an der elenden Lage in der afghanischen Hauptstadt hatte sich O’Neill für den Bau eines Fünf-Sterne-Hotels in Kabul stark gemacht, das eine "nützliche Ergänzung der Wirtschaft wäre".

In Kabul existiert eine riesige Kluft zwischen einer winzigen, wohlhabenden Elite und der überwältigenden Mehrheit der einheimischen Bevölkerung, die sich im vergangenen Jahr auf 2,7 Millionen verdoppelt hat. Ungefähr 600.000 der schätzungsweise zwei Millionen im letzten Jahr aus dem Exil zurückgekehrten Afghanen sowie viele andere aus ländlichen Gebieten sind in die Stadt geströmt, angezogen von der relativ friedlichen Lage dort und von der geringen Chance auf eine Beschäftigung.

Die meisten Einwohner führen jeden Tag einen schwierigen Kampf ums Überleben. Die schnelle Ausdehnung der Stadt, das umfangreiche Netz von UN- und anderen Hilfsorganisationen und der Bedarf von Regierungsorganisationen haben die Mieten um das fünffache in die Höhe schnellen lassen. Für die meisten ist dadurch eine anständige Unterkunft unerschwinglich. Weniger als die Hälfte der Häuser sind an das Stromnetz angeschlossen, das zudem immer wieder ausfällt. Für die wenigen, die es sich leisten können, sichert ein Generator Licht und Heizung. Während hohe Regierungsmitglieder und ausländische Vertreter in Autos mit Klimaanlage herumchauffiert werden, müssen die meisten Kabuler um einen Platz in einem der 150 öffentlichen Busse der Stadt kämpfen oder zu Fuß gehen.

Ein Artikel in der Washington Post beschrieb die Lage so: "Die Lebenshaltungskosten für die einfachen Kabuler geraten außer Kontrolle. Die meisten Häuser und Wohnungen in den unzerstörten Stadteilen sind selbst für Leute aus der Mittelschicht zu teuer geworden. Einige von ihnen sind zögernd nach Pakistan zurückgegangen, andere haben sich hier Arbeit gesucht, ihre Familie aber im Ausland zurückgelassen.

Im September führte die Regierung in der Hoffnung, Preise und Wechselkurs zu stabilisieren, eine neue Währung ein, aber stattdessen fiel der Wert der Währung gegenüber der pakistanischen Rupie, und die Verbraucherpreise schossen in die Höhe. Die Preise für Grundnahrungsmittel wie Reis und Speiseöl verdoppelten sich, die von Rindfleisch verdreifachten sich."

Mindestens 100.000 Personen existieren am Rande der Gesellschaft in Ruinen ohne Wasser und Strom. Sie sammeln Feuerholz und benötigen Suppenküchen zum Überleben. Kandi Gul sagte der Washington Post : "Mein Sohn ist dauernd auf der Suche nach Arbeit, und ich bin zu alt, noch rauszugehen. Wir haben hier keine Zukunft, aber wir haben auch nicht genug Geld, um nach Pakistan zurückzugehen. Nur Gott erhält uns am Leben."

Außerhalb der Hauptstadt ist die Lage noch schlimmer. Viele der zwei Millionen dieses Jahr zurückgekehrten Flüchtlinge haben nichts zum Überleben. Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge hat sie für den Weg mit Fahrgeld, einem Beutel Mehl und einem Überlebenspaket mit Plastikplanen, Seife und sauberer Kleidung ausgestattet. Einige haben auch Decken erhalten, aber die sind jetzt knapp geworden.

Hilfsorganisationen zufolge sind zwei bis vier Millionen Afghanen - d.h. acht bis sechzehn Prozent der Bevölkerung - von dem herannahenden Winter "stark bedroht" und benötigen Nahrungsmittel, Kleidung und Decken. In vielen Gebieten gibt es kaum bis gar keine medizinische Versorgung. Das Land hat ungefähr 7.000 ausgebildete Ärzte, oder einen Arzt auf 3.500 Menschen. Die meisten von ihnen sind in den großen Städten. Die Mütter- und Kindersterblichkeit des Landes gehören zu den höchsten der Welt.

Diese üblen Bedingungen haben ein breites Reservoir geschaffen, aus dem sich Unzufriedenheit und Zorn nähren. Der Hilfskoordinator Rafael Robillard kommentierte kürzlich: "Viele Afghanen warten, dass die Weltgemeinschaft ihnen hilft. Wenn keine Hilfe eintrifft, könnte die Regierung in Schwierigkeiten geraten. Es könnte zu einer Revolte kommen, wenn die Lage weitere zwei Jahre so schlecht bleibt."

Die Gleichgültigkeit der Bush-Regierung und ihrer Verbündeten gegenüber dem Elend, in das Millionen Afghanen geworfen werden, unterstreicht nur die Tatsache, dass ihre Entscheidung, die Taliban zu stürzen und Afghanistan unter die Fuchtel der USA zu bringen, nicht von dem Wunsch der afghanischen Bevölkerung nach Frieden, Freiheit von Unterdrückung und einem anständigen Lebensstandard inspiriert war, sondern von den amerikanischen Interessen in der Region.


 

Kabul raubt den Atem

 12/12/2002 Westfalenpost

Kabul. In Kabul wimmelt es von Uniformen und Waffen: Die Isaf-Soldaten, die afghanische Armee, waffenstarrende CIA- und FBI-Agenten im Räuberzivil, Polizisten. Das sind ehemalige Soldaten, die von Polizeiarbeit keine Ahnung haben. Die kennen als Argumente nur den Knüppel oder gleich die Salve aus der Kalaschnikow. Als Studenten demonstrierten, weil es nichts zu essen gab, und weil sie keine Heizung in ihrem Wohnheim haben, da hat die Polizei vier erschossen, viele verwundet.

Auf der Insel eines Kreisverkehrs haben es sich drei Polizisten in Liegestühlen bequem gemacht, die Maschinenpistole über den Knien. Einer hat eine Abwehrrakte in Stellung gebracht: Verkehrsregelung mit der Panzerfaust.

Kabul nimmt einem den Atem. Was man sich in die Lungen zieht, ist ein dicker, bläulich grüner Brei aus hochgewirbeltem Staub, dem Rauch von Holzfeuern und schwarzem Qualm aus schlecht eingestellten Dieselmotoren. Nach zwei Tagen Kabul hustet jeder. Der Verkehr ist irrwitzig, ohne jede Regeln. Es regiert das Motto: "Mit dem Schießen haben wir aufgehört, jetzt fahren wir Auto."

Im Basar quirlt das Leben. Kinder wühlen in den Abfällen. Die Sterblichkeitsrate: Bis zu 50 Prozent bei den unter Zehnjährigen. Das ist Weltrekord. Kinder haben eben keine Lobby und spielen politisch keine Rolle. In den Ruinen haben sich Flüchtlingsfamilien eingenistet. Sie versuchen, zu überleben. Keiner kümmert sich um sie, es gibt kein Sozialwesen, keine Hilfe, keine Kredite - gar nichts. Dafür gibt es Drogenhandel, Waffenschmuggel, Kinderarbeit und seit neuestem Kinder-Prostitution. 60 000 bis 80 000 Kinder fristen auf Kabuls Straßen ihr Leben. Es sind Kriegswaisen, viele haben ihre Familien auf der Flucht verloren - oder die Familien können sie nicht ernähren. Ihr Zustand ist schrecklich: Jedes zweite Kind hat Krätze, sie sind alle unterernährt, haben Vitaminmangel, entzündete Augen, Läuse. Krankheiten wie Typhus und Tuberkulose wüten. Ein entzündeter Moskitostich bedeutet für diese Kinder schon Lebensgefahr. Achtjährige sehen aus wie Vierjährige.

In einem Medical Center der UN sagt uns der Arzt: "Es gibt keine Medizin, es gibt keine Hilfe. Sie wollen etwas für die Kinder tun? Da müssen Sie sich aber beeilen. Jetzt kommt der Winter. Von den Kindern, die Sie jetzt in Kabuls Straßen getroffen haben, lebt im nächsten Frühjahr vielleicht noch jedes zweite. Die anderen sind erfroren, verhungert, an Lungenentzündung oder sonstwas gestorben." Von der Not der Bevölkerung, dem Elend der Kinder spricht niemand mehr.

Der Aufbau einer 70 000 Mann starken Armee, die Entwaffnung der Kriegsherren soll Afghanistan einen und befrieden. Ein solcher Krieg, ein solcher Frieden, eine so ungesicherte Zukunft spült die Geschäftemacher ins Land: Türkische Bauunternehmer, indische Kommunikationsspezialisten, pakistanische Edelsteinhändler, Finanziers aus den arabischen Emiraten, amerikanische Ölmanager bevölkern das Hotel Intercontinental.

Mit dabei: "Hansi der Lumpensammler". So hat er sich uns vorgestellt. Ein junger Hamburger, der in Deutschland die Klamotten aus Kleidersammlungen zum Kilopreis angekauft und das Zeug nun hier in Afghanistan verhökern will. "Natürlich vorsortiert. Damenmäntel aus Popeline sind hier nicht der große Heuler", sagt er. Aber, was ist hier schon der große Heuler. Der Afghani ist das Papier nicht wert, auf dem er gedruckt ist. Sie wollen Dollar, Rupees, Euro, Pfund. Sie wollen Bargeld, auch das "Interconti" akzeptiert keine Kreditkarten. "Anordnung der Regierung", heißt es lakonisch.

Im Hotel klagt ein Afghane an der Rezeption sein Leid. Er hat 28 Jahre in Deutschland als Chirurg gearbeitet. Jetzt wollte er in Kabul nach dem Familienbesitz sehen, den Häusern, der Villa. Da sitzt allerdings inzwischen ein General der Nordallianz drin. Der hat ihm mit der Kalaschnikow die Tür gewiesen und ihm versprochen, dass er ihn beim nächsten Besuch erschießt. Das sind keine leeren Worte. Der Arzt weiß, dass er kein Recht finden wird. Wo denn auch? Noch kommt in Afghanistan das Recht aus den Läufen der Gewehre.

Kabul hungert. Vor den Restaurants drängeln sich Kriegswitwen, Krüppel, Kinder. Einer ist des anderen Feind, jeder will dem anderen abjagen, was er gerade erbettelt hat. Man sieht schwarze Mercedes 500 S mit getönten Scheiben, ein Geländewagen voraus, einer dahinter: Ein Kriegsherr, ein Drogenschmuggler, ein Geschäftsmann, ein Regierungsmitglied - kann man nicht unterscheiden.

Kabul prasst. Ein türkischer Geschäftsmann lädt uns ein: "Ich habe hier ein Gästehaus, heute Abend gebe ich ein Barbecue." Abholung im Mercedes-Geländewagen, Bewaffnete vor der Tür, ein großes Haus, teuer eingerichtet. Die Tische biegen sich: Gegrilltes Lamm, Kebab, Innereien, Früchte. Russischer Wodka, grusinischer Cognac, französischer Rotwein, Bier, Champagner - alles da im Überfluss. Nur Männer, alle Muslime. Sie essen, sie trinken, sie lachen, sie machen Geschäfte. Der stellvertretende Handelsminister ist auch da. Dazu dudelt aus Boxen afghanische Musik. Einige tanzen dazu. Ein Tanz auf dem Vulkan - denn nichts ist sicher in diesem Staat, der erst noch einer werden will.

 

Das Experiment droht zu scheitern
Wie groß muss das Chaos in und um Kabul werden, bis die Bundesregierung die Reißleine zieht?

Quelle Neues Deutschland (Von Christoph Hörstel)

Eine zweite Afghanistan-Konferenz auf dem Petersberg bei Bonn – am kommenden Montag – soll dem Wiederaufbau am Hindukusch »neue Impulse« verleihen. Demnächst übernimmt die Bundesrepublik dort die Führung der internationalen Schutztruppe (ISAF). Derweil mehren sich die Warnungen, das »Experiment Afghanistan« drohe zu scheitern.
Nach der »Siebener-Allianz« der Mudschahedin-Parteien in den 80er Jahren und den Taliban ist die Regierung Hamid Karzais schon die dritte »politische Kreation« der USA in Afghanistan – und die bisher schwächste. »Besitzer seines eigenen Stuhls« wird Karzai spöttisch im Stamm der Paschtunen genannt, dem er selbst angehört. Im Frühjahr hieß er immerhin noch »Oberbürgermeister von Kabul«. Tatsächlich findet er nicht einmal 20 vertrauenswürdige Männer für seine Leibwache. Seit dem Attentat in Kandahar Anfang September wird Karzai ständig und überall von USA-Spezialisten bewacht. Für die nationalbewussten Afghanen ein unerträglicher Anblick.
Indes: Eine schwache Führungsfigur wie Karzai scheint ersetzbar. Das drohende Scheitern des aktuellen Afghanistan-Experiments hat andere Gründe: die eklatante Unbeliebtheit der US-Amerikaner in weiten Bevölkerungskreisen; die Unmöglichkeit, die islamistische Bewegung mit den bisher angewandten Methoden zu schlagen; die Unzulänglichkeiten der afghanischen Regierung…

Verfehlte Ziele
Wichtige Ziele der so genannten Anti-Terror-Allianz blieben bisher unerreicht: Osama bin Laden und Mullah Omar sind weiterhin auf der Flucht, tausende ihrer Getreuen leben zerstreut im Lande, bereit, bei jeder Gelegenheit zuzuschlagen. Und die Politik der Protagonisten des Anti-Terror-Spektakels bewirkt, dass die Zahl ihrer Sympathisanten weltweit wächst. Die islamistische Bewegung des Landes ist gestärkt – und geeint in der Opposition gegen die USA – aus der Niederlage hervorgegangen.
Zu unterscheiden sind drei Strukturen dieser Bewegung, die in ihren terroristischen Neigungen höchst unterschiedlich zu bewerten sind: Al Qaida, Taliban und Traditionalisten. Die Mehrheit der letzten beiden Gruppen würde niemals Bombenanschläge gegen Zivilisten verüben. Doch Al Qaida kann in Afghanistan ohne tolerierende Hilfe der anderen Gruppen kaum agieren. Sie bekommt diese Hilfe offenbar auch, wie die Warnungen des BND-Präsidenten Hanning belegen. Und der USA-geführte Einsatz in Afghanistan beschleunigt die Solidarisierung zwischen den antiamerikanischen Kräften.
Wie kommt es, dass es offenbar nicht gelingt, den Sumpf des Terrorismus trockenzulegen, aus dem immer wieder Anschläge verübt werden?
Eine geistige Auseinandersetzung mit den Islamisten wurde bisher schlicht nicht geführt. Eine Geisteshaltung aber ist mit Bomben und Raketen, Überwachung und Unterdrückung nicht zu bekämpfen, schon gar nicht in Afghanistan – und erst recht nicht ohne attraktive politische Strategie, die auch noch erfolgreich kommuniziert werden müsste.
Es gibt nicht einmal Gesprächsdrähte zur heutigen Opposition, etwa zum ehemaligen Widerstandsführer und Ministerpräsidenten Gulbuddin Hekmatyar. Als der sich im Frühsommer zur Erleichterung möglicher Verhandlungen mit den US-Amerikanern in die Nähe Kabuls begab, bombardierte ihn die US-Luftwaffe, tötete zwei Leibwächter und verfehlte ihn selbst nur knapp. So entschied sich Hekmatyar für den bewaffneten Kampf. Im Gegenzug entführten eine Amerikanerin und ein Dutzend Geheimdienstler den Hekmatyar-Schwiegersohn Ghairat Bahir, der mit der Sache nichts zu tun hat, aus seinem Haus im Diplomatenviertel der pakistanischen Hauptstadt Islamabad. So macht man sich Feinde – verfolgt sie dann aber nicht konsequent: Der Resident eines großen westlichen Geheimdienstes in Islamabad erklärte, er könne jederzeit innerhalb von 20 Minuten auf mindestens einen Kilometer genau angeben, wo sich Hekmatyar aufhalte. Der Mann ist vertrauenswürdig, die Information verwirrend.
Es gibt noch mehr Ungereimtheiten dieser Art: Als namhafte deutsche Journalisten hochrangige Mitglieder des Al Qaida-Netzwerks, darunter den ehemaligen Sprecher Abu Gaith, kostenfrei zur Verhaftung anboten, komplett mit Hausadresse und aktueller Beschäftigung, lehnte die CIA ab. Die Frage muss erlaubt sein: Wie gut sind die alten CIA-Verbindungen dieser angeblich meistgesuchten »Terroristen« noch heute?
Damit steht die Würdigung des Afghanistan-Feldzugs jedoch erst am Anfang. In einem vertraulichen Briefing versicherte ein hochrangiger europäischer Nachrichtendienstler, dass nachweisbar im April (!) 2001 die Kriegsvorbereitungen der USA gegen Afghanistan begannen. Die Nachprüfung bei einem pakistanischen Geheimdienst bestätigte dies. Anfang Mai besuchte ein Mitarbeiter eines USA-Geheimdienstes einen ranghohen pakistanischen Kollegen, um ihm Anweisungen für die kommenden Monate zu geben. Als der Pakistani gegen die Bevormundung protestierte, wurde ihm kühl bedeutet, dass sein Land durchaus auch noch auf die »Abschuss-Liste« passe.

Keine klare Strategie

In der Provinz Nangarhar unterstützen die USA den Kriegsfürsten Hazerat Ali mit Millionenwerten in bar, Waffen und Munition – und bringen damit die gewählte Provinzregierung in Schwierigkeiten. Die EU wie auch die türkische ISAF-Führung haben wiederholt verlangt, dass diese Doppelpolitik unterbleibt. Bisher ohne Erfolg.
Jetzt haben die USA eine Änderung in der Operation »Enduring Freedom« verfügt. Einzelne Länder der Anti-Terror-Koalition erhalten eigene Verantwortungsbereiche: Deutschland bekäme demnach ein Gebiet nahe Kabul zur Kontrolle, Italien müsste die schwierige politische Situation in der Provinz Nangarhar überwachen, offenbar mit Verantwortung für die gesamte Östliche Zone. Dort haben sich die USA auch durch ungeschicktes Vorgehen bei der Suche nach versprengten Taliban- und Al Qaida-Kämpfern unbeliebt gemacht. Dieses Fehlverhalten spielt den Radikalen mustergültig in die Hände. Die gleichzeitige Verdoppelung der Finanzmittel für Wiederaufbau-Hilfe durch die Armee lässt nur den Schluss zu, dass sich die USA-Führung nicht einig ist über die Strategie des Vorgehens. So werden auch gut gemeinte Ansätze verpuffen. Just wenn Deutschland ab Jahresbeginn die Führung der ISAF-Truppe (gemeinsam mit den Niederlanden) übernimmt, wird der paschtunische Widerstand gegen die USA vermutlich hochkochen.
Nachdem Hekmatyar den USA bereits den Heiligen Krieg erklärt hatte, erhielt sein Kommandeur in Khost Anfang Oktober Waffen, Munition und erhebliche Mengen Bargeld, um eine Truppe aufzustellen. Nach Angaben von Mitkämpfern wird sie von China unterstützt. Der jüngste Wahlerfolg der Fundamentalisten in Pakistan hat in den an Afghanistan grenzenden Provinzen persönliche Freunde Hekmatyars an die Macht gebracht. Sie werden die Unruhe in Afghanistan zusätzlich schüren helfen. Die Einsatzkräfte der Anti-Terror-Koalition müssen dafür den Kopf hinhalten, wenn die Politiker es nicht schaffen, die Konflikte – globale wie regionale – zu entschärfen. Doch diese Friedensfunktion einer Anti-Terror-Koalition, die den Namen verdient, wurde bisher nur unvollständig wahrgenommen.

Lückenhafte Aufbau-Hilfe

Beunruhigend ist auch die lückenhafte Aufbau-Hilfe. Die Paschtunen-Provinzen sind besonders benachteiligt. Mangelnde Sicherheit, klagen Hilfsorganisationen. Kleinere Zwischenfälle melden sie gar nicht erst, weil die Mitarbeiter befürchten, dass ihre Zentrale sie zurückruft und die Arbeit liegen bleibt. Natürlich stehen auch Jobs, Geld und Einfluss auf dem Spiel. Weil aber viel zu wenig ankommt, wächst in der Bevölkerung die Wut – und entlädt sich in bewaffneten Aktionen, wie in den vergangenen Tagen in Khost und Gardes, wo 16 USA-Soldaten starben.
Der Regierung Karzai aber fehlen sämtliche Voraussetzungen, den Teufelskreis zu durchbrechen. Sogar Präsident Karzai selbst hat eine angeheiratete Verwandte trotz mangelnder Qualifikation in einem Ministerium untergebracht. Regierungsbeamte bereichern sich schamlos, und das ist ihnen nicht einmal zu verdenken: Die Regierung erscheint ihnen so instabil, dass man das Ende der guten Zeiten jeden Tag erwartet. Und dann kann Geld das Leben der Familie retten. Dass derart geführte Ministerien kaum in der Lage sind, einen einzigen Vorgang ordnungsgemäß zu bearbeiten, erscheint nur logisch. Schuld daran tragen auch die Länder der Anti-Terror-Koalition. Selbst innerhalb Deutschlands ist nicht völlig klar, wer in Sachen Afghanistan bei welchen Aufgaben das Heft in der Hand hat, beklagen Eingeweihte.
Stark benachteiligt fühlen sich die Paschtunen in der Teilhabe an der Macht. »Die Chance der Loyah Jirgah wurde vertan«, sagt ein hochrangiger westlicher Diplomat, »das lässt sich kaum noch zurückdrehen.« Auffällig war, dass internationale Medien vor dem Großanlass in Kabul monatelang meldeten, Aufgabe der Versammlung sei es, die Karzai-Verwaltung im Amt zu bestätigen. Niemandem ist offenbar aufgefallen, dass man eine Abstimmung nicht mehr benötigt, wenn ihr Ergebnis vorher schon feststeht. Dass der König, der mit ungeheurem Spektakel eingeflogen wurde, plötzlich in Kabul keine Rolle mehr spielen durfte, wird von vielen Afghanen besonders bemängelt, ist jedoch nur ein Beispiel von vielen.

Ethnische Probleme

Mit einer ethnisch motivierten Geisteshaltung wird der vom Ausland gesponserte innerafghanische Kampf um Kabul bald in sein viertes Jahrzehnt gehen. Er beschränkt sich allerdings nicht mehr auf Kabul. Dazu ein aktuelles Beispiel: Der offizielle Kommandeur des 3. Korps der neuen afghanischen Streitkräfte, General Ludin (Paschtune), sieht sich im Paschtunengebiet um die Stadt Gardes drei rangniederen Offizieren gegenüber, die ihm und seinen Leuten das Leben schwer machen. Die Querulanten werden heimlich vom (tadshikischen) Verteidigungsminister Fahim unterstützt, der eigentlich auf den ihm unterstellten Ludin setzen müsste. Der General genießt (zum Ausgleich?) die Hilfe der US-Amerikaner. Dies ergab eine Untersuchungsmission der EU-Vertretung Anfang Oktober in der Südregion.
Wie groß muss das Chaos in und um Kabul noch werden, bis deutsche Politiker die Reißleine ziehen? Wollen wir wirklich, dass Bundeswehrsoldaten – neben ihren Kameraden aus anderen Nationen – dafür ihr Leben aufs Spiel setzen?
Jeden Dienstagvormittag streiten sich Geheimdienstler mit Politikern in der »Lage«, einer Tischrunde im Kanzleramt. Man habe »in Kabul prima Ruhe geschaffen«, heißt es gelegentlich. Diese Ruhe bleibt trügerisch und brüchig: Sie wird ebenso dahin sein wie das Leben unserer Soldaten, wenn bestimmte Gruppen der Afghanen sich zum Gegenschlag entschließen. Im November übersteigt die Monatszahl der Attacken auf ausländische Truppen erstmals die 60. Was die Sowjets mit 140000 Mann nicht schafften, dürfen wir gar nicht erst versuchen. Solche klaren Einschätzungen kommen auch aus der Bundeswehr. Doch die Politiker wollen die steten Warnungen, dass das Experiment Afghanistan scheitert, nicht hören, klagen Offiziere und Nachrichtendienstler im Chor. Haben unsere Volksvertreter vor den Freunden in Washington mehr Furcht als vor dem Desaster in Afghanistan?

Der ehemalige ARD-Korrespondent Christoph Hörstel war in den vergangenen beiden Monaten als Berater für den Wiederaufbau Afghanistans tätig. Er kennt das Land seit 17 Jahren.

 


Ohne Fanfaren Richtung Verfassung
Demokraten wollen eine offene Debatte

Quelle Neues Deutschland (Von Jan Heller, Kabul)

Völlig ohne die erwarteten Fanfarenstöße berief Afghanistans Übergangspräsident Hamid Karzai dieser Tage eine Redaktionskommission, die bis Ende 2003 eine neue Verfassung ausarbeiten soll.

Bestehend aus neun Mitgliedern – sieben Männern und zwei Frauen unter Vorsitz des Vizepräsidenten Nematullah Schahrani – ist dieses Gremium ein Vorläufer der geplanten Verfassungskommission, die im Bonner Afghanistan-Abkommen vorgesehen ist. Von der weiß aber im Augenblick niemand, ob sie überhaupt noch zustande kommen wird. Auch dass der lang erwartete Schritt über einen Monat zu spät kam, ist eine Verletzung des Bonner Abkommens. Das sah vor, die Verfassungskommission zwei Monate nach Bildung der Übergangsregierung im Juni auf der Loya Jirga einzuberufen. Internationale Nachrichtenagenturen sorgten überdies mit lapidaren Kurzmeldungen dafür, dass die Bildung der Kommission zu einem Nicht-Ereignis wurde; in deutschsprachige Medien drang überhaupt nichts durch.

Das neue Grundgesetz wird die Verfassung des Königreiches Afghanistan von 1964 ablösen, die – ohne die die Staatsform betreffenden Paragrafen – auf der Afghanistan-Konferenz Ende 2001 auf dem Bonner Petersberg provisorisch wieder in Kraft gesetzt worden war, um das staatsrechtliche Vakuum in dem Hindukusch-Staat zu füllen. Dazu muss spätestens im Dezember kommenden Jahres eine Verfassungs-Loya-Jirga einberufen werden.

Die unter dem Linksregime des Präsidenten Najibullah 1988 verabschiedete Verfassung war nach dessen Sturz vier Jahre später obsolet geworden – obwohl sie als Quelle durchaus noch dienen kann, enthielt sie doch für diesen Teil der Welt äußerst demokratische Bestimmungen, etwa über die Wahl lokaler Körperschaften. Die Mujaheddin, die zwischen 1992 und 1996 in Kabul regierten, hatten ebenso wie die Taliban Verfassungsentwürfe in den Schubladen liegen, die jedoch nie ausgeführt wurden.
Afghanische Demokraten wissen, dass die neue Verfassung möglicherweise auf Jahrzehnte hinaus die politischen Rahmenbedingungen in ihrem Land festschreiben wird. Nun befürchten sie, dass das Gesetzeswerk hinter verschlossenen Türen zusammengebastelt wird.

Sebhatullah Sandshar vom Rat der Verteidiger von Frieden und Demokratie (engl. Abkürzung CDPD), einem Zusammenschluss von vier demokratischen Gruppen, befürchtet zudem, dass ein Klima mangelnder Offenheit islamistischen Kräften freie Hand geben könnte. »Für die zählen demokratische Prinzipien nichts«, sagt er, »wir haben schon bei den Wahlen zur Loya Jirga gesehen, wie sie sich mit Waffengewalt ein Übergewicht verschafft haben.«

Sandshar, der auch Mitglied der Unabhängigen Loya-Jirga-Kommission war, steht mit seiner Einschätzung nicht allein da. Das Internationale Institut für Strategische Studien in London etwa konstatierte jüngst, dass »fast alle der politischen Fraktionen in der Nordallianz eine radikale islamistische Agenda verfolgen«. Dass mit Schahrani ein ausgewiesener Islamist und Mitbegründer des afghanischen Zweigs der Muslimbruderschaft an der Spitze der Kommission steht, macht das Misstrauen nicht geringer.

Der CDPD veranstaltete deshalb in der vorigen Woche in Kabul ein sehr gut besuchtes Seminar zu Verfassungsfragen. Bis tief in die Nacht diskutierten Aktivisten politischer Gruppen – Parteien sind nach wie vor nicht zugelassen – und Frauenorganisationen, Juristen und Journalisten. In ihrer Abschlussdeklaration verlangen sie vor allem eines: Offenheit. Die Kommission solle »einen Mechanismus etablieren, der die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Erarbeitung der Verfassung erlaubt«, und ihrerseits die Öffentlichkeit »regelmäßig informieren«. Zudem verlangen sie, dass in der neuen Verfassung soziale Gerechtigkeit, Nicht-Diskriminierung, individuelle und soziale Freiheiten, die Rolle der Menschenrechte, Trennung der Staatsgewalten, Demokratie und Pluralismus sowie friedliche politische Auseinandersetzung verankert werden. Sie wollen nicht, so bekräftigte Sebhatullah Sandshar, dass Afghanistan »hinter die 1964er Verfassung zurüc
kfällt«.

 

Allein die Korruption blüht
Tröpfelnde Hilfe, florierende Korruption - die ausländische Hilfe für Afghanistan stockt, weil korrupte Minister und Beamte sowie lokale Kriegsfürsten lieber die eigenen Taschen auffüllen.

Quelle die Wolfsburger Allgemeine (Von WAZ-Korrespondent Willi Germund, Kabul)

Hungernde Kinder gibt es in Afghanistan noch immer viele. Sie fürchten den nahen Winter. Doch die Hilfe läuft nur zäh an.
Der Kanadier Richard Williamson ist ein alter Hase in Afghanistan. Doch seine Erfahrung nützt ihm bei seiner gegenwärtigen Arbeit als Vertreter von "Euron AID" wenig. Die Organisation kauft im Auftrag der Europäischen Kommission Nahrungsmittel ein, lässt sie nach Afghanistan bringen und übergibt sie dann Hilfsorganisationen zur Verteilung. So zumindest lautet die Theorie. Die Praxis: Immer häufiger beordert Williamson die voll beladenen Lastwagen nach tagelanger Wartezeit beim Zoll in der Provinz Nangahar zurück in die pakistanische Grenzstadt Peschawar. Der Grund: Afghanistans Grenzbehörden wollen Steuern für die Hilfslieferungen.

In seiner Not wandte Williamson sich an Afghanistans Finanzministerium. Er erhielt einen Freibrief und musste erleben, wie ein Zöllner in Nangahar das Papier mit einer Handbewegung vom Tisch fegte. Williamson sprach direkt bei Finanzminister Ashraf Ghani vor. "Was soll ich machen?", fragte dieser nur ratlos.

Da auch das World Food Programme von der Raffgier korrupter Lokalgrößen betroffen ist, kamen ein paar Experten auf die Idee, die Hilfslieferungen unter bewaffnetem Geleitschutz an den Zöllnern von Nangahar vorbei zu lotsen. Doch dies, so weiß Williamson aus langer Erfahrung, würde wahrscheinlich zu schweren Kämpfen zwischen Schutztruppe und den Soldaten des lokalen Gouverneurs in Nangahars Zentrum Jalalabad führen. Offiziell unterstehen Gouverneur und Behörden zwar der Regierung in Kabul. Doch beim Geld hört der Gehorsam der lokalen Herrscher, die noch dazu militärische Unterstützung der USA genießen, auf. Williamson weiß: Ein saftiges Schmiergeld hier und da würde die Schranken schnell öffnen. Statt dessen schickt er die Fahrzeuge lieber nach Peschawar zurück.

Dabei steht der Winter bevor und wie im vergangenen Jahr drohen vielen Afghanen in den unwirtlichen Gebieten am Hindukusch Versorgungsprobleme. Doch das stört die von US-Truppen gestützten Gouverneure und Kriegsfürsten wenig, die auf einen persönlichen Anteil an den vier Milliarden US-Dollar hoffen, die die Welt an Hilfe versprochen hat.

Indessen herrscht bei der Regierung in Kabul Ebbe in der Kasse. Von 1,8 Mrd US-Dollar, die für dieses Jahr versprochen waren, sind nach Angaben der "Afghan Assistance Coordination Authority" bislang nur 900 Mio ins Land geflossen. Von dieser Summe wurden über 500 Mio Dollar für so genannte "humanitäre Hilfe" ausgegeben. Die Summe klingt besser, als sie ist: Denn sie schließt die Kosten für Gehälter hunderter ausländischer Mitarbeiter und hunderter überdimensionierter Allradfahrzeuge ein, die auf den Straßen Kabuls unterwegs sind.

Ein weiteres Problem: In Kabuls Ministerien grassiert die Korruption. Die Beamten bedienen sich am liebsten und so offen selbst, dass ein frustrierter Kabuler Einwohner sarkastisch stöhnt: "Die wollen uns vielleicht daran erinnern, wie gut es zu den Zeiten der Taliban war."

Kein Wunder, dass manche Vertreter von Hilfsorganisationen lieber das Geld behalten, als es den Regierungsstellen zu geben. Ein Helfer sagt: "Nach manchen Besuchen weiß ich: Jeder Dollar Hilfe, den ich übergeben würde, wäre sofort unwiderruflich in irgendwelchen Privattaschen verschwunden."

 

Vitamin B-52 hält Afghanistan zusammen

Quelle die Tageszeitung 11.09.2002

In Afghanistan begrenzen die Militäraktionen der USA das Wiederaufflammen der Konflikte. Noch. Sie blockieren aber auch die im Bonner Abkommen vorgesehene demokratische Entwicklung des kriegszerstörten Landes. Jetzt herrscht die Sorge, das Land könnte erneut international vergessen werden

aus Kabul JAN HELLER

Anfang September 2001 in Islamabad: Gesandte afghanischer Gruppen klopfen an die Türen von Botschaften und der Vertretung der Vereinten Nationen. Unter den Afghanen sind Taliban, die der wachsende Einfluss der Araber um Ussama Bin Laden und des pakistanischen Geheimdienstes auf ihren Anführer Mullah Mohammed Omar stört, aber auch Leute des Warlords Patscha Khan Sadran aus der Ostprovinz Paktia. Alle haben eine Botschaft: Die Taliban müssen weg.

Auch Patscha Khan - der drei Monate später bei der Bonner Afghanistan-Konferenz in der royalistischen Rom-Gruppe sitzt und als Einziger Kämpfer im Land selbst befehligt - hat einen Plan: Krieger aller wichtigen Paschtunen-Stämme im Südosten Afghanistans sind bereit zum Aufstand. Zunächst wollen sie die Stadt Khost samt Flughafen einnehmen und dort einen Landeplatz für den Ex-König Mohammed Sahir Schah oder eines seiner Familienmitglieder bereitstellen.

Die Regierungen im Westen sollen dann den König als Staatsoberhaupt offiziell anerkennen, den Rest würden Patscha Khans Kämpfer besorgen. Wie 1929, als die Stämme Paktias einen Usurpator vom Kabuler Thron vertrieben, wollen sie erneut auf die Hauptstadt marschieren. Laut Patscha Khan sei das nur "eine Sache von 15 Tagen". Außer der Zusage internationaler Anerkennung brauche er nur ein paar Lebensmittel für seine Leute. Doch die Mission bleibt ohne Resultat. Während die UNO die falsche Adresse für einen "Regimewechsel" ist, treffen die Afghanen auch sonst nur auf kühle Ablehnung. Trotz weltweiter Entrüstung über die menschen- und insbesondere frauenfeindliche Politik der Ultraislamisten herrscht kein Bedarf an solch einer Aktion.

Bereits Monate zuvor wurden hohe Taliban-Offizielle in Paris empfangen, und Italiens Vizeaußenminister besuchte Kabul - statt alle offiziellen Kontakte der UNO zu überlassen und damit die seit Ende 2000 gültigen UN-Sanktionen zu unterstreichen.

Auch die USA halten Kontakt zu den Taliban, vor allem um Druck wegen Bin Laden zu machen, dessen Auslieferung sie seit den Anschlägen in Ostafrika 1998 und auf die USS Cole in Aden 2000 verlangen. Washington winkt mit diplomatischen Beziehungen. Höchstes Gebot der Taliban ist, Bin Laden - wie von den USA verlangt - vor ein Gericht zu stellen, allerdings nur vor ein muslimisches. Das ist für Washington inakzeptabel. Die Situation ist verfahren. Business as usual in Afghanistan. Dass sich "die Welt" nicht sehr für sie interessiert, wissen die Afghanen. Schon mindestens zweimal hat der Westen ihr Land in einem halb gelösten Konflikt allein und damit in eine schlimmere Krise als zuvor abgleiten lassen: 1989 und von 1992 bis 1994.

Im Februar 1989 verlassen die letzten Sowjettruppen Afghanistan nach zehnjähriger Besatzung. In Kabul herrscht Präsident Nadschibullah, ein Ex-Geheimdienstchef mit blutigen Händen. Aber Nadschib ist auch "Gorbatschowist". Im Windschatten der Perestroika sorgt er in Afghanistan für eine politische Öffnung und lässt eine halbwegs freie Presse und Ansätze von Parteienpluralismus zu. Doch noch herrscht Kalter Krieg. Niemand im Westen nimmt Nadschib und seinen Kurs der "Nationalen Versöhnung" beim Wort.

Im Frühjahr 1992 regiert er immer noch. Inzwischen ist die UdSSR zusammengebrochen, Nadschibs Regime bröckelt. Geheimverhandlungen über eine Machtübergabe an Königstreue und gemäßigte Mudschaheddin führen zur Bildung eines gemischten Kabinetts. Doch innerafghanische Turbulenzen sowie Washingtons Weigerung, einer Beteiligung von Nadschibs Partei im Übergangskabinett zuzustimmen, lassen den Deal platzen. Die Mudschaheddin marschieren in Kabul ein - und kämpfen bald gegeneinander blutig um die Macht. Der Westen zieht sich zurück, der Wiederaufbau scheitert aus Geldmangel.

Dabei ist das "Chaos" auch Resultat westlicher Inkonsequenz. Vor allem Washington war nur am Abzug der Sowjets aus Afghanistan interessiert; niemand verpflichtete die zuvor mit Milliarden Dollar subventionierten Mudschaheddin, konstruktive Rezepte zu entwickeln. Schon während des Dschihad gegen die Sowjets beging der Westen einen schweren Fehler. Obwohl der Widerstand anfangs über große ideologische Breite verfügte, wurden nur die Islamisten unterstützt, deren antiwestliche Haltung schon damals kein Geheimnis war. Am Widerstand beteiligte demokratische und linke Gruppen gerieten zwischen den Amboss der Sowjets und den Hammer der Islamisten. Als die Mudschaheddin und später die Taliban die Weichen in Richtung Vergangenheit stellten, war keine Gegenkraft mehr vorhanden.

Dürre und Buddhas

Es folgen zehn Jahre weltweiten Nichtbeachtung Afghanistans, auch auf humanitärem Gebiet. Als Ende der Neunzigerjahre eine mehrjährige Dürre die Ernten vernichtet, bekommen UNO und Nichtregierungsorganisationen kaum die Gelder für grundlegendste Nothilfe.

Es dauert bis zum März 2001, als die berühmten Buddhas von Bamiyan zerstört wurden, dass die Welt wieder Notiz vom Schreckensregime der Taliban nimmt. Doch erst nach deren Sturz folgen Hilfszusagen, die dem Bedarf entsprechen.

Ein Jahr nach dem 11. September und zehn Monate nach dem Fall der Taliban steht Afghanistans Friedensprozess mangels ausreichender internationaler Unterstützung wieder einmal auf des Messers Schneide. Und das trotz rhetorischen Dauerfeuers: "Wir werden Afghanistan nicht noch einmal verlassen" (Tony Blair) und "Unsere Truppen werden bleiben" (Bush nach dem Anschlag auf Hamid Karsai in der vergangenen Woche).

Immerhin ließen die USA zuletzt erkennen, dass sie sich jetzt doch am "Nation Building" beteiligen wollen und sogar einer Mandatserweiterung für die internationale Friedenstruppe über Kabul hinaus zustimmen könnten, wenn sich genug Interessenten finden, was Monate dauern wird. Das ist ein indirektes Eingeständnis von Fehlern, kommt aber zu spät.

Das langsame Eintreffen der Hilfsgelder und damit ausbleibende positive Änderungen im Alltag des übergroßen Teils der Bevölkerung, vor allem außerhalb Kabuls, untergräbt den Friedensprozess weiter. Und während die Bush-Administration noch Karsais Hand schüttelt, schielt sie schon in Richtung Irak. Ein Krieg dort wäre für Afghanistan eine Katastrophe. Mit den USA fiele dann wohl der größte einzelne Geldgeber aus.

Auch Europa könnte sich einem Engagement kaum entziehen, was Afghanistan weiterer bereits zugesagter Mittel berauben würde. Gleichzeitig würde das Feld wieder frei für die Nachbarländer, vor allem Pakistan und Iran, die seit Ende des Kolonialismus in dieser Region um die Vorherrschaft in Afghanistan ringen. Die Geheimdienste beider Länder haben ihre Einmischung in Afghanistan ohnehin nie eingestellt. Im Loja-Dschirga-Wahlprozess ließen sie Geld und Waffen an ihre jeweiligen Klienten fließen, um genehme Kandidaten durchzusetzen. Dabei fühlt sich Teheran derzeit im Aufwind. Es stand im Kampf gegen die Taliban auf der richtigen Seite, während Pakistan mit seiner Hofierung der Taliban komplett Schiffbruch erlitten hatte.

Teheran verfügt über ausgezeichnete Beziehungen zu den meisten Fraktionen der siegreichen Nordallianz. Und hat bis zum Frühjahr den Extremfundamentalisten Gulbuddin Hekmatjar beherbergt. Der knüpft derzeit sein Dschihad-Netzwerk neu, verfügt aber auch über Verbindungen ins Regierungslager. Verteidigungsminister Fahim ernannte mehrere Hekmatjar-Leute zu Provinzgouverneuren. Kaum ein Beobachter legt seine Hand dafür ins Feuer, dass Hekmatjars Beziehungen nach Teheran völlig abgerissen sind.

 

Opium bedroht Afghanistans Wiederaufbau

 

 14.12.2002 NZZ

Rekordwerte der diesjährigen Ernte

Das Ausmass der diesjährigen Opiumernte in Afghanistan liegt in der Nähe jener Rekordwerte, die Ende der neunziger Jahre verzeichnet wurden. Das Büro für Drogen und Kriminalität der Uno hat deswegen Alarm geschlagen. Für dessen Chef, Antonio Maria Costa, kann sich das Drogengeschäft destabilisierend auf das Land auswirken.

nw. An der internationalen Afghanistan-Konferenz auf dem Petersberg hat Präsident Karzai Anfang Dezember erneut auf die Gefahr hingewiesen, die vom Drogengeschäft in Afghanistan ausgeht. Kaum im Amt, hatte Karzai im Januar 2002 den Anbau von Schlafmohn, die Gewinnung von Opium, den Handel und den Konsum der Droge mit einem Bann belegt. Ein grosser Teil der Aussaat war in den Monaten zuvor allerdings bereits ausgebracht worden. Das Machtvakuum nach dem Zusammenbruch des Taliban-Regimes hatte das Risiko für die Bauern vermindert, während relativ hohe Opiumpreise entsprechende Einkommen versprachen. Dass manche Mohnbauern zunächst dennoch zögerten, drückte sich darin aus, dass manche Felder in Missachtung des Verbots aus Kabul erst in den ersten Monaten dieses Jahres bestellt wurden.

Horrend hohe Einnahmen

Die Erhebungen des Büros für Drogen und Kriminalität der Vereinten Nationen (ODC) - früher unter dem Namen Drogenkontrollprogramm bekannt - bestätigten im Verlauf des Jahres die schlimmsten Befürchtungen, die Schätzungen vom Frühjahr mussten nach oben korrigiert werden. Zwischen 69 000 und 79 000 Hektaren waren mit Schlafmohn bepflanzt worden; das Büro geht von einem Mittelwert von 74 000 Hektaren aus. Daraus gewonnen wurden rund 3400 Tonnen Opium. Der grösste Teil der Schlafmohnplantagen befand sich in fünf Provinzen, nämlich in den südlichen paschtunischen Provinzen Helmand, Kandahar und Uruzgan, in Badakhshan, der einstigen Hochburg der Nord-Allianz im Nordosten, sowie in Nangarhar. Nach der Rekordernte von 1999 hatten die Taliban ein Opiumverbot erlassen und dieses auch brutal durchgesetzt: Die Anbaufläche hatte sich bis 2001 auf einen Zehntel reduziert und sich vorwiegend im Gebiet der Nord-Allianz konzentriert, der Ertrag war von 4300 auf 185 Tonnen gesunken. Mit der diesjährigen Ernte hat Afghanistan seinen fragwürdigen Ruf erneuert, Opiumproduzent Nummer eins zu sein.

Die Drogenwirtschaft generiert in Afghanistan in diesem Jahr ein Einkommen von rund 1,2 Milliarden Dollar; diese Summe kommt jenen 1,3 Milliarden Dollar recht nahe, die dem Land bisher an internationalen Geldern ausbezahlt worden sind. Für den Ökonomen Antonio Maria Costa, den ehemaligen Generalsekretär der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und seit Mai Chef des ODC, kann eine Wirtschaft, die auf illegalen Aktivitäten gründet, langfristig nicht von Dauer sein. Und wenn diese Aktivitäten zu derart hohen Einkommen führen, so erklärt er in einem Gespräch am Sitz des ODC in Wien, dann könne sich dies für einen Staat nur destabilisierend auswirken. Mit dem Mohnanbau setze man sich in den fünf Anbauprovinzen über das Verbot Karzais hinweg und fordere Kabul damit heraus, sagt Costa; noch problematischer werde die Lage dadurch, dass das Einkommen aus den Drogen den Provinzgouverneuren und Warlords eine enorme Stärke gebe.

Drogen gingen mit Kriminalität und Terrorismus Hand in Hand, hebt der ODC-Direktor hervor; dies zeige sich in Zusammenhang mit einer anderen Droge, dem Kokain, am deutlichsten in Kolumbien. Im September, als die neue Aussaat bevorstand, hat Karzai das Verbot des Mohnanbaus deshalb mit allem Nachdruck wiederholt. Informationen über die neue Aussaat liegen laut Costa noch nicht vor. Die ODC-Mitarbeiter in Afghanistan hätten aber festgestellt, dass unter den Bauern eine gewisse Unsicherheit herrsche, darüber zum Beispiel, ob und wie Kabul das Verbot durchsetzen könnte, darüber auch, ob die neue Regierung an der Macht bleiben werde. War den Bauern im letzten Frühling für die Vernichtung der Felder eine finanzielle Entschädigung ausgerichtet worden, droht diesmal die Zerstörung der Plantage ohne Kompensation.

Dem Problem auf den Grund gehen

Das Uno-Büro will zur Bekämpfung der Drogenproduktion in zwei Bereichen ansetzen: zum einen im Aufbau und in der Stärkung der afghanischen Behörden, damit dem Gesetz Nachachtung verschafft werden kann, sowie der Zusammenarbeit mit den Nachbarländern, damit die Schmuggelwege abgeschnitten werden können, zum anderen - und nicht minder wichtig - in der Schaffung von Alternativen für die Mohnbauern. Unter anderem hilft Grossbritannien in Afghanistan bereits beim Aufbau von Drogenkontrollbehörden, Deutschland obliegt die Ausbildung der Polizei, und Italien engagiert sich in der Stärkung des Justizsystems. Von Besprühungs- und Vernichtungsfeldzügen, wie sie mit der Hilfe der USA gegen die Kokapflanze in Lateinamerika geführt werden, hält Costa zumindest auf Afghanistan bezogen und zum jetzigen Zeitpunkt nichts. Man könne damit eine Ernte vernichten, nicht aber die Wiederanpflanzung in der nächsten Saison verhindern. Ferner führe diese Methode zu sozialer Unrast, was beim Wiederaufbau und bei der Befriedung des Landes ungelegen käme.

In einer Studie über die einzelnen Elemente und die Mechanismen der afghanischen Drogenwirtschaft, die im Januar publiziert wird, will das ODC die Opiumproduktion zunächst gründlicher durchleuchten. Näher betrachtet, so fasst Costa die umfangreiche Arbeit vereinfachend zusammen, werden etwa die Motivation der Bauern, Schlafmohn anzupflanzen, die Rolle der Geldverleiher auf den Basars, der Einsatz der Frauen und Kinder, die auf den Mohnfeldern arbeiten, die Arbeitsweise der Opiumkäufer. Für jede einzelne dieser Stufe seien Lösungsansätze zu entwickeln: Alternativen und Infrastruktur für die Bauern und Bewässerungssysteme für das Land, ein legales System der Mikrofinanzierung, damit sich die Bauern von der Abhängigkeit von den Geldverleihern lösen können, Programme im Sozialbereich und in der Bildung, um Frauen und Kinder von den Feldern zu holen, und so weiter. Als Ökonom weiss Costa, dass Alternativkulturen nicht genügen und dieser Strang der ganzen Problematik wie auch manch andere Aspekte des Drogengeschäfts von Afghanistan ins Ausland führen: Es braucht funktionierende Strukturen, Exportmöglichkeiten für Alternativprodukte, offene Märkte in anderen Ländern und vor allem Käufer.

In Zusammenhang mit möglichen Alternativprodukten verursacht gegenwärtig der hohe Opiumpreis dem ODC einiges Kopfzerbrechen. Während man in Burma, dem zweitgrössten Opiumproduzenten, 150 Dollar pro Kilo zahlt, liegt der Kilopreis in Afghanistan bei 350 bis 400 Dollar. Für Costa gibt es dafür keine plausible Erklärung. Die Nachfrage ist nicht gestiegen, das aus Opium gewonnene Heroin hat in westlichen Ländern im Gegenteil zunehmend Konkurrenz durch synthetische Drogen bekommen. Die Ernte war gross, die Lager sind aufgefüllt, der Stoff ist keine Mangelware, und besonders riskant und damit preistreibend war dessen Produktion dieses Jahr auch nicht. Der ODC-Direktor vermutet, dass lokale Machthaber mit hohen Steuern auf der Droge den grösstmöglichen Profit aus dem Geschäft herausholen, bevor die Zähne von Recht und Ordnung zu greifen beginnen. Das Problem ist, dass bei derart hohen Preisen kein alternatives Landwirtschaftsprodukt den Schlafmohn auch nur annähernd ausstechen kann.

Wenn der Preis nicht sinke, erklärt Costa, so müsse auf diesen Anreiz mit einem drastisch höheren Risiko in der Drogenherstellung geantwortet werden. Er gelangt damit zum anderen Ansatzpunkt in der Bekämpfung des Mohnanbaus, der Durchsetzung des Gesetzes, der Erstarkung der Behörden und dem dezidierten Durchgreifen im Falle von Zuwiderhandlungen. Optimistisch glaubt Costa, dass die Opiumproduktion in Afghanistan bereits im nächsten Jahr um ein paar Prozentpunkte zurückgehen werde. Die Türkei und Vietnam hätten seinerzeit 14 Jahre gebraucht, um des Opiumproblems Herr zu werden, in Thailand ging es etwa 30 Jahre. Mit demokratischen Methoden - nicht mit dem Regime des Terrors der Taliban - werde der afghanische Staat mehrere Jahre brauchen, um die Gefahren des Drogengeschäfts zu bannen.

Dem Mohn das fruchtbarste Land

nw. Afghanistan hat sich in den neunziger Jahren vor Burma und Laos als das Land etabliert, in dem das meiste Opium produziert wird. Fand früher die Verarbeitung zu Morphin und Heroin in den Nachbarländern statt, wird das Opium heute zunehmend in Afghanistan raffiniert; im Vergleich zu der an Arbeit und Chemikalien intensiven Herstellung von Kokain aus Kokablättern ist die Verarbeitung des Milchsaftes aus der Mohnkapsel zu Heroin mit weit weniger Aufwand verbunden. Seit einigen Jahren gelangen die Drogen weniger über die Balkanroute nach Westeuropa, da ein Land auf diesem Weg, Iran, mit radikalen Methoden gegen Drogenschmuggler vorzugehen begann. Der Weg führte danach eher über die Nachbarländer im Norden Afghanistans, Russland und Osteuropa.

Auf Grund der unsicheren Lage im Land war es den zehn in Afghanistan tätigen Mitarbeitern des ODC in diesem Jahr nicht möglich, überall Erhebungen durchzuführen. Die letzten Ermittlungen basieren deshalb vorwiegend auf Satellitenbildern, deren Daten mit Stichproben am Boden überprüft wurden. Persönlich besucht wurden 923 Dörfer in 16 Provinzen. Die Satellitenbilder gaben Aufschluss über Mohnplantagen in 24 von 32 Provinzen. Etwa 90 Prozent der Felder konzentrierten sich auf Helmand (rund 30 000 ha), Nangarhar (20 000 ha), Badakhshan (8000 ha), Uruzgan (5000 ha) und Kandahar (4000 ha).

Der durchschnittliche Opiumertrag pro Hektare belief sich diesmal auf 46 Kilo, fast doppelt so viel wie in den Jahren zuvor. Dies wird darauf zurückgeführt, dass einerseits die jahrelange Dürreperiode ein Ende fand und dem Mohn anderseits - vor allem im Süden - das fruchtbarste Land in bewässerten Gebieten zur Verfügung gestellt wurde. Der Einbruch nach dem Verbot der Taliban liess die Preise rasant steigen, von etwa 30 Dollar pro Kilo Ende 2000 bis 700 Dollar. Unmittelbar nach den Attentaten vom 11. September 2001 fiel der Preis auf etwa 100 Dollar, weil die Händler ihre Lagerbestände auf den Markt brachten. Nachdem er zeitweise wieder die 500-Dollar-Marke erreicht hatte, pendelt der Preis nun um die 400 Dollar.

 

 

+++ Loja Dschirga tendiert zu starker Stellung des Präsidenten Erste Zusammenfassung
+++ Sitzung der Loja Dschirga


Loja Dschirga tendiert zu starker Stellung des Präsidenten Erste Zusammenfassung

Nach oben 20.12.2003 Google-News / Zeitungsgruppe Lahn-Dill

Kabul (AP) Bei den Beratungen der Loja Dschirga in Afghanistan zeichnet sich offenbar eine Zustimmung zu einer starken Position des Präsidenten in der Verfassung ab. Wie der US-Sondergesandte für Afghanistan, Zalmay Khalilzad, am Samstag nach einem Treffen mit Präsident Hamid Karsai mitteilte, steht nach den ersten Abstimmungen eine Mehrheit der 500 Delegierten hinter einem entsprechenden Regierungssystem. Karsai wertete die erste Sitzungswoche der Ratsversammlung als Erfolg.

Die Beratungen machten gute Fortschritte, sagte Karsai. "Hoffentlich werden sie noch vor Ende des Jahres fertig. Falls nicht, lassen wir der Loja Dschirga so viel Zeit, wie sie braucht."

In den vergangenen Tagen waren unter den Delegierten hitzige Debatten über die Rolle des Islams und den Einfluss der mächtigen regionalen Kriegsherren ausgebrochen. Karsai erklärte, 60 der 160 Artikel in dem Verfassungsentwurf seien bereits von mehreren Arbeitsgruppen abgesegnet worden. Am Samstag nahmen die zehn Gruppen Beratungen über 30 weitere Artikel auf, wie aus Teilnehmerkreisen verlautete.

Der Verfassungsentwurf sieht eine demokratische islamische Republik mit einem starken Präsidenten vor. Zunächst laut gewordene Forderungen nach größerer regionaler Autonomie verliefen dagegen im Sande, sagte Khalilzad in Kabul.

Spekulationen, wegen der anhaltenden Gewalt könne die für Juni angesetzte Parlamentswahl nicht termingerecht durchgeführt werden, wies Khalilzad zurück. Es sei noch zu früh, um über eine Absage der Abstimmung zu entscheiden, sagte der Botschafter. Die Vereinten Nationen hatten erklärt, in einigen Regionen hinke die Volkszählung, Voraussetzung für die Parlamentswahl, dem Zeitplan deutlich hinterher.

Ein Anschlag auf die Loja Dschirga, wie vielfach vorher befürchtet worden war, gab es bislang nicht, wie Karsai hervorhob. "Wir haben Terroranschläge befürchtet, aber sie sind gescheitert", sagte der Präsident. In der Nacht zu Dienstag waren in der Nähe des Flughafens, zehn Kilometer vom Tagungsort entfernt, drei Raketen eingeschlagen.

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Sitzung der Loja Dschirga

Nach oben 20.12.2003 Yahoo-Nachrichten

Sitzung der Loja Dschirga (AFP)

Bei der Loja Dschirga zeichnen sich Differenzen über die künftige Machtverteilung ab. Präsident Hamid Karsai lobte jedoch auch die Fortschritte bei den Verfassungsberatungen. (AFP, )





Karsai betrachtet erste Sitzungswoche der Loja Dschirga als Erfolg

Nach oben 20.12.2003 Yahoo-Nachrichten

Samstag 20. Dezember 2003, 10:28 Uhr

Kabul (AP) Der afghanische Präsident Hamid Karsai wertet die erste Sitzungswoche der Ratsversammlung Loja Dschirga als Erfolg. Die Beratungen über die künftige afghanische Verfassung machten gute Fortschritte, sagte Karsai am Samstag. «Hoffentlich werden sie noch vor Ende des Jahres fertig. Falls nicht, lassen wir der Loja Dschirga so viel Zeit, wie sie braucht.»

In den vergangenen Tagen waren unter den 500 Delegierten hitzige Debatten über die Rolle des Islam und den Einfluss der mächtigen regionalen Kriegsherren ausgebrochen. Karsai erklärte, 60 der 160 Artikel in dem Verfassungsentwurf seien bereits von mehreren Arbeitsgruppen abgesegnet worden. Am Samstag nahmen die zehn Gruppen Beratungen über 30 weitere Artikel auf, wie aus Teilnehmerkreisen verlautete.

Ein Anschlag auf die Versammlung, wie vielfach vorher befürchtet worden war, gab es bislang nicht, wie Karsai hervorhob. «Wir haben Terroranschläge befürchtet, aber sie sind gescheitert», sagte der Präsident. In der Nacht zu Dienstag waren in der Nähe des Flughafens, zehn Kilometer vom Tagungsort entfernt, drei Raketen eingeschlagen.




Karsai für Verankerung weitreichender Frauenrechte in Verfassung

Nach oben 20.12.2003 Google-News / News.ch

Samstag, 20. Dezember 2003 / 11:17:03

Kabul - Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat sich für die Verankerung weitreichender Rechte für Frauen in der neuen Verfassung für Afghanistan ausgesprochen. Nach dem Islam müssten den Frauen ihre Rechte zugestanden werden, sagte Karsai.

Vor Journalisten in Kabul nannte er unter anderem das Recht auf Bildung und Arbeit. Beides war Frauen unter den Ende 2001 gestürzten radikal-islamischen Taliban verwehrt gewesen.

Seit dem vergangenen Sonntag tagt in Kabul die Grosse Ratsversammlung (Loja Dschirga), deren mehr als 500 Delegierte über eine neue Verfassung beraten. Unter den Delegierten befinden sich rund 90 Frauen.

Eine von ihnen, Malalai Joya, hatte diese Woche massive Kritik an regionalen Kriegsherren geäussert. Sie hatte die regionalen Kriegsherren und früheren Mudschaheddin-Führer Kriminelle genannt und gefordert, sie vor internationale Gerichte zu stellen.

Das hatte zu Tumulten bei der Ratsversammlung geführt. Deshalb wurde Joya für ihre weitere Teilnahme an den Gesprächen unter den Schutz der UNO gestellt.

rr (Quelle: sda)




Schüler sammeln Rekordspende

Nach oben Google-News / Nordwest Zeitung

SPONSORENLAUF Kinder übergeben Scheck – Über 3700 Euro kommen zusammen

Der Erlös kommt der NWZ -Weihnachtsaktion „Kinder helfen Kindern“ zugute. 160 Mädchen und Jungen waren beteiligt.

von Rieke Hümpel

VAREL - Die Spannung zeigte sich auf den Gesichtern der 160 Mädchen und Jungen, die sich gestern im Foyer der Grundschule am Schlossplatz in Varel versammelt hatten. Gleich würden sie von Schulleiter Hans-Peter Boyken die Höhe der Spendensumme erfahren, die sie bei ihrem Sponsorenlauf gesammelt hatten. Das Geld wird Waisenkindern in Afghanistan zugute kommen – ein Spielplatz und ein Trinkwasserbrunnen sollen errichtet werden.

Bereits seit vier Jahren helfen die Grundschüler bei der NWZ-Weihnachtsaktion mit. Doch noch nie ist so viel Geld zusammengekommen wie in diesem Jahr. „Es sind 3716,40 Euro“, konnte der Schulleiter im Kinderjubel verkünden. Clara Schumacher aus der vierten Klasse und Viktoria Dieling aus der ersten Klasse übergaben den großen symbolischen Scheck an Hans Begerow, NWZ-Redaktionsleiter Friesland.

Vom Schulkindergarten bis zur vierten Klasse hatten sich alle Kinder im Verwandten- und Bekanntenkreis Sponsoren gesucht. Diese gaben den kleinen Läufern für jeden im Vareler Wald zurückgelegten Kilometer eine selbstgewählte Summe. Clara hatte sich 20 Sponsoren gesucht und ganze 586 Euro „zusammengelaufen“, Viktoria steuerte 125 Euro bei.

Im Gegenzug bekamen die Kinder von Carl-Friedrich Ehlers, dem Organisator der




Duin freut sich über Grüße aus Kabul

Nach oben Google-News / Nordwest Zeitung

ABSCHLUSSAPPELL Weitere 13 Soldaten erhalten Marschbefehl zum Einsatz in Afghanistan

Die Aufstellungsphase ist abgeschlossen. Im kommenden Jahr soll das Luftlandeunterstützungsbataillon die Fähigkeit für das Nato-Einsatzkontingent im Jahr 2005 erreichen.

Von Mathias Meer

WILDESHAUSEN - Bilanz des ablaufenden Jahres mit einem Ausblick auf 2004 zog der Kommandeur des Luftlandeunterstützungsbataillions 272, Oberstleutnant Dirk Gleinig, gestern beim Jahresabschlussappell in der Wittekindkaserne. Die Aufstellungsphase ist abgeschlossen, erläuterte der Kommandeur. Im nächsten Jahr gehe es darum, die Nato-Standards zu erreichen. In der ersten Jahreshälfte 2005 ist das Wildeshauser Bataillion für das NRF-Einsatzkontingent (Nato Response Forces) vorgesehen.

Die bei den Übungen im ablaufenden Jahr stets verbesserten Leistungs-Ergebnisse zeigten, dass das Bataillon auf dem richtigen Weg sei, bilanzierte Gleinig zufrieden.

Von 28 vorgesehene sind jetzt 15 Soldaten aus Wildeshausen im Einsatz in Kundus/Afghanistan. Nach und nach würden auch über die anstehenden Feiertage die restlichen Soldaten ihren Marschbefehl erhalten – je nach der Aufbauentwicklung des Camps in Kundus. Über Satellitentelefon und Feldpost werde enger Kontakt mit den Kameraden in Kabul und Kundus gehalten. Zahlreiche Weihnachtsgrüße und Geschenkpäckchen seien unterwegs. Aber auch die „Wildeshauser“ in Afghanistan hielten Kontakt mit dem Bataillion und der Garnisonsstadt. So habe sich Bürgermeister Franz Duin sehr über die Weihnachtsgrüße einer in Kabul stationierten Ärztin der Sanitätskompanie gefreut. Eine prompte Antwort ist für den Bürgermeister natürlich Ehrensache.

Mit dem Abschlussappell gestern in der Wittekindkaserne begann für das Bataillon die Weihnachtspause. Auch die 5. Kompanie hat jetzt einen Wimpel, den der Hauptmann der Reserve, André Weimann, vom Kommandeur entgegennahm. Für Heiligabend und Silvester kündigte Gleinig ein gemeinsames Essen der diensthabenden Soldaten mit den Kommandeuren an.




EWE-Baskets erwerfen eine tolle Summe

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BENEFIZSPIEL Sponsoren belohnen jeden Treffer – Mannschaft gibt 1000 Euro dazu

VON CARL-FRIEDRICH EHLERS

OLDENBURG - Als beim Basketballspiel der EWE Baskets gegen die Artland Dragons aus Quakenbrück die Schlusssirene ertönte, lagen sich alle – die Gäste aus Quakenbrück ausgenommen – in den Armen. Zuschauer und Spieler feierten ausgelassen einen Sieg der Oldenburger, an den im ersten Viertel, in dem die Gastgeber mit erheblicher Punktzahl zurückgelegen hatten, niemand geglaubt hatte.

Am glücklichsten über den Erfolg können die sein, die von dem Spiel gar nichts wussten: die Waisenkinder in Kabul/Afghanistan.

Die EWE Baskets hatten das Heimspiel in der Weser-Ems-Halle mit dem Derby-Charakter nämlich gerne zum Anlass genommen, sich für die NWZ-Weihnachtsaktion zu engagieren und damit Waisenkindern in Afghanistan zu helfen.

Die Hauptsponsoren der Baskets mit ihren Vorstandsvorsitzenden Dr. Werner Brinker (EWE), Wilfried Barnstedt (LzO) und Franz Thole (Öffentliche Versicherungen) stellten einen großzügigen Blankoscheck aus, als sie vor dem Spiel zusagten, für jeden erzielten Punkt der EWE Baskets je 20 Euro zu spenden. Auch wenn das selbst bei einer Niederlage eine schöne Summe gegeben hätte, war die Freude doch größer, als die erzielten Punkte zum (glücklichen) 86:83-Sieg reichten. Diese Treffer hätten nach der Zusage der Sponsoren bereits 5160 Euro für die NWZ-Aktion ergeben. In der Siegesfreude stockten Brinker, Barnstedt und Thole diese Summe auf 6000 Euro auf. Besonders erfreulich, dass auch die Mannschaft um Kapitän und Spieler des Abends Tyron McCoy nicht zurückstehen wollte und spontan 1000 Euro aus der Mannschaftskasse zusteuerte. Auch die Cheerleader griffen noch zur Sammeldose und sammelten 159,95 Euro dazu, so dass der NWZ-Aktion großartige 7195,95 Euro zur Verfügung gestellt

wurden.




Spenden für Mädchen in Afghanistan

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Drittklässlerinnen aus Planegg lesen aus Bullerbü-Buch und sammeln Geld für den Bau von Schulen Von Marion Brandstetter

Planegg - Eine Aktion von Mädchen für Mädchen - damit warben am Mittwoch sieben junge Vorleserinnen für Spenden. „Weihnachten in Bullerbü“ von Astrid Lindgren stand am Nachmittag auf dem Programm, und um diese Geschichte zu hören, fanden sich an die 30 Kinder und Erwachsene in der Planegger Bücherei ein. Die Idee zu der Aktion für Afghanistan hatte die achtjährige Johanna Tschochner aus Planegg: „Erst wollte ich Geld sammeln, aber dann hat meine Mama vorgeschlagen, ein Vorlesen zu machen.“

Johannas Mutter Veronika Tschochner ist Grundschullehrerin und hatte vom Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverband (BLLV) von einer übergreifenden Spendenaktion erfahren. Der Erlös der Lesung geht an die Aktion Lebensträume, die wiederum mit „Tamana“ in Afghanistan arbeitet. Die Kooperationspartner wollen eine Schule für 800 Mädchen aufbauen. „Ich fand es traurig, dass wir hier alle in die Schule gehen können und die Mädchen in Afghanistan nicht“, sagte die achtjährige Jule Fuchs. Sie ist eine Freundin von Johanna und las ebenfalls vor.

Veronika Tschochner war stolz auf die Mädchen, die die Veranstaltung quasi selbst organisierten. „Sie haben sogar bei den Zeitungen angerufen und Handzettel verteilt.“ Das Vorlesen der Weihnachtsgeschichte dauerte etwa eine halbe Stunde. Mit viel Applaus von allen Zuhörern wurden die strahlenden Drittklässlerinnen belohnt. Im Anschluss an die Veranstaltung gab es gegen eine Spende Plätzchen und selbst gemachte Weihnachtskarten für die Gäste, die für die jungen Vorleserinnen viel Lob übrig hatten.




Gewinner und Verlierer in Afghanistan

Nach oben 20.12.2003 Google-News / Deutsche Welle

2001 wurde auf dem Bonner Petersberg über die Zukunft Afghanistans beraten. Heute, zwei Jahre später, scheint das Land auf einem guten Weg zu sein. Doch was hat sich am Leben der Menschen geändert ?

Kisil Kucha ist ein Dorf wie viele im ländlichen Afghanistan. Es liegt im kargen Nordosten des Landes und schmiegt sich sanft in eine kleine Talsohle zwischen zwei steilen Berghängen. Die 200 Familien von Kisil Kucha bleiben unter sich, fast alle leben von Ackerbau und Viehzucht. Der Ritt in die benachbarte Kleinstadt Hazarbargh dauert mit dem Esel eine Stunde. Gul Nisar hat in Kisil Kucha ein kleines Lehmhaus und ein Stückchen Land. Sie ist 36 Jahre alt und muss sieben Kinder durchbringen. Gul Nisar hat vor einem Jahr ihren Mann verloren. Er kam bei einem Arbeitsunfall ums Leben. Nisar ist der Verzweiflung nahe: "Ich habe schon alle Sachen aus meinem Haushalt auf dem Basar verkauft, um an Geld zu kommen. Ich habe ja nur mich selber, um mir zu helfen", erzählt sie. "Ich habe Angst. Ich möchte meine Kinder in die Schule schicken, aber wie soll ich für sie sorgen? Es gibt nirgendwo Hilfe. Wo ist die Regierung? Mein Leben geht nach unten, ich kann nicht mehr."

Witwenschicksal in Afghanistan

So wie Gul Nisar leben viele tausend Frauen in Afghanistan, die ihre Männer verloren haben. Sie sind finanziell nur so lange abgesichert, solange ihre Ehemänner da sind. Und wenn im Todesfall die Familie nicht einspringt, sitzen sie in der Armutsfalle. So wie Bibi Fatima. Die 80-jährige Greisin geht auf den Straßen von Kabul betteln, obwohl sie kaum noch laufen kann. Ihren Mann und ihre vier Söhne hat sie im Krieg verloren. "Ich schäme mich so. Ich wäre lieber tot", sagt sie über ihr Bettlerdasein. Die zahnlose Bibi Fatima bettelt oft vor Kabuls neuester Attraktion. Dann hockt sie vor dem Roshan-Center unter ihrer Burqa und hält still die Hand auf.

Sicherheit gut fürs Geschäft

Das Roshan-Center ist ein modernes Kaufhaus mit fünf Etagen und Vollglasfront im neuen Wirtschaftsviertel der Stadt. "Bei uns kriegen sie alles, von Bekleidung über Elektronik bis hin zu Möbeln", erzählt der Besitzer Haji Gholam Hossein Roshan stolz. Im Schaufenster hängt ein schwarzer Damenmantel mit Pelzkragen für 150 US-Dollar. "Wir richten unser Angebot nach unseren Kunden. Wir haben etwas für weniger Reiche und wir haben etwas für die Reichen", erklärt er. "Die Wirtschaft ist angelaufen und Kabul ist sicher geworden. Das ist gut fürs Geschäft." Geschäftsmann Roshan ist nach dem Sturz von König Zahir Schah aus Afghanistan geflohen und hat 25 Jahre im britischen Exil gelebt. Seine vier Söhne hat er zum Studium in die USA geschickt. Jetzt ist die Familie zurückgekommen. "Ich habe Hoffnung. Ich glaube an die Zukunft meines Landes. Ich glaube, dass es allen besser gehen kann", erklärt er.

Zuflucht in Kabul

Auch Abdel Majid ist vor ein paar Monaten voller Hoffnung zurückgekommen. Er war 18 Jahre lang auf der Flucht, erst im Iran, dann in Pakistan. Jetzt lebt er mit seiner Frau und drei kleinen Töchtern in einem Zelt am westlichen Stadtrand von Kabul. Genauso wie 700 andere Familien. Die Menschen haben ihrer wilden Siedlung am Berg den Namen Waizalabad gegeben. Für Abdel Majid ist Kabul nur eine Durchgangsstation. Er arbeitet als Tagelöhner und will zurück auf seine Scholle in der kleinen Provinz Kapisa im Norden. "In Kapisa entscheiden die lokalen Kommandanten, was passiert. Sie haben viele Männer unter Waffen. Sie rauben und sie stehlen, dort kann man kein Haus bauen." Also hat er sich vorerst für Kabul entschieden. Doch sobald es in Kapisa auch sicher ist, will er zurückkehren in sein Dorf.

Jahre oder Jahrzehnte ?

Wie die Geschichten von Gul Nisar, Bibi Fatima, Haji Gholam Hossein Roshan und Abdel Majid weitergehen, wird nicht nur durch eine neue Verfassung und freie Wahlen entschieden. Denn ob der brüchige Frieden hält, ob die lokalen Machthaber entwaffnet werden, und ob Sicherheit und Wohlstand jenseits von Kabul spürbar werden, hängt vor allem vom politischen Willen der Geberländer ab, sich dauerhaft in Afghanistan zu engagieren. Nach einem viertel Jahrhundert Krieg rechnen die Vereinten Nationen nicht in Jahren, sondern in Jahrzehnten.

Sandra Petersmann




Hoffnung für Frauen in Afghanistan

Nach oben 20.12.2003 Google-News / Deutsche Welle

In Kabul berät die große Ratsversammlung Loya Jirga über eine neue Verfassung für Afghanistan. Der Entwurf soll endlich auch Frauen in der afghanischen Gesellschaft die gleichen Rechte einräumen.

Kaum ein anderes Thema hat die Weltöffentlichkeit so sehr beschäftigt wie das Schicksal der unterdrückten Frauen unter dem Taliban-Regime: Berufsverbot, keine Bildung für Mädchen, Erscheinen in der Öffentlichkeit niemals ohne Burqa und nur in männlicher Begleitung, ein entrechtetes Leben in den eigenen vier Wänden.

Tödliche Armut

Gul Anar ist eine ganz normale Frau aus dem ländlichen Afghanistan. Ihr Schicksal hat nichts mit den menschenverachtenden Verboten des Taliban-Regimes zu tun, sondern mit Tradition und Glauben. Gul Anar lebt in einem kleinen Dorf aus Lehm in den zerklüfteten Bergen Nordafghanistans. Sie ist Ende 20 und ihr Ehemann ist über 50 Jahre alt. Die beiden sind verheiratet, so lange sie denken kann. Gul Anar war gerade zehn, als ihr älterer Bruder sie verkaufte. "Ich war sehr traurig, als ich heiraten musste. Ich bin nicht glücklich mit meinem Leben", sagt sie. "Was ist das denn für ein Leben? Mich hat nie jemand gefragt. Mein Bruder hat mich verkauft, weil die Familie arm war. Ich bin auch arm. Mein Mann ist alt und schwach. Wir haben nicht genug zu essen. Wir haben keine warmen Sachen für den Winter." Gul Anar steht die Angst ins Gesicht geschrieben, sie fürchtet ihr nächstes Kind zu verlieren. Von den sieben, die sie geboren hat, leben nur noch drei. "Ich wollte meine Kinder zum Arzt bringen. Aber mein Mann hat mir kein Geld gegeben."

Vom Recht Geld zu verdienen

Gul Anar ist nie zur Schule gegangen. Wie fast 90 Prozent aller Frauen im ländlichen Afghanistan kann sie nicht lesen und nicht schreiben. Sie weiß nicht, was eine Verfassung ist, aber sie hat einen klaren Wunsch. "Ich will in die Schule gehen. Und dann will ich arbeiten. In der Fabrik, auf dem Feld, egal wo. Ich will das Recht haben, eigenes Geld zu verdienen."

Problem: Umsetzung der neuen Gesetze

Der Entwurf der afghanischen Verfassungskommission berücksichtigt ihren Wunsch. Nach dem Grundrechtekatalog soll jeder Afghane das Recht auf Bildung und das Recht auf Arbeit haben. Alle Bürger des Landes sollen die gleichen Rechte haben. Wenn die große Ratsversammlung unserer Vision tatsächlich zustimmt, dann haben wir einen wichtigen Schritt in die Zukunft gemacht, glaubt die afghanische Frauenministerin Habiba Sorabi.

Aus dem geschriebenen Papier eine gelebte Realität im ganzen Land zu machen, wird allerdings ungleich schwerer. In den Dörfern der Provinz sind noch die Kriegsfürsten, die Mullahs und die Stammesältesten die obersten Autoritäten. "Das Umsetzen der Verfassung ist wirklich meine große Sorge. Wir müssen unsere Richter und unsere Polizei ausbilden und trainieren. Sie müssen dafür sorgen, dass die Gesetze respektiert werden", betont Sorabi. "Und wir müssen natürlich die Frauen ausbilden. Die Frauen müssen lernen, was ihre Rechte und was ihre Pflichten sind, damit sie sich im Alltag verteidigen können, ohne die Grenzen des heiligen Islam zu überschreiten." Die afghanische Frauenrechtlerin Homa Sabri aus Kabul hätte sich gewünscht, dass die Verfassung ein Zeichen setzt. Und nicht nur ganz allgemein von afghanischen Bürgern, sondern ausdrücklich von Frauen und Männern spricht. Das würde die Frauen noch stärker schützen, glaubt die Mitarbeiterin der Vereinten Nationen. Es ist eine Aufgabe von Jahrzehnten, das Leben der afghanischen Frauen zu verbessern. Und es geht nur, wenn Frauen und Männer durch Bildung andere Lebensentwürfe kennenlernen. Ein viertel Jahrhundert Krieg hat sie müde und mürbe gemacht.

Bausteine für die Zukunft

Ob und wie schnell Afghanistans Frauen die neue Verfassung im Alltag spüren können, hängt nicht zuletzt von drei Dingen ab: wie weit der Arm der Übergangsregierung von Präsident Hamid Karsai in Zukunft reicht. Wie konsequent alle nicht gewählten Machthaber entwaffnet werden. Und wie stark sich das Ausland auf Dauer in Afghanistan engagiert.




-"Ohne die Einsicht ihrer Eltern ist den Kindern schwerlich zu helfen" -

Nach oben 20.12.2003 Google-News / Rhein Main Presse

Integration: Dr. Eslam will zur Vermittlung auch die Moscheevorsteher gewinnen

Vom 20.12.2003

Von

Michael Vogt

Der "Lions Club" will seine Bemühungen zur Integration von Zuwandererkindern verstärken und dazu den Dialog zwischen Eltern, Lehrern und anderen hier engagierten Bürgern vertiefen helfen. Ein Orientierungstreffen fand jetzt auf Einladung Dr. Kamal Eslams, District Vice Gouvernor und Beauftragter des "Lions Club" für Toleranz, Integration und Völkerverständigung, im "Ratskeller" statt.

Nach Lektüre der am 25. Oktober erschienenen Sonderseite der "Main-Spitze", für die die Leiter der Schulen in Rüsselsheim nach ihren Erfahrungen und Einschätzungen zum Stand der Integration befragt worden waren, hatte Dr. Eslam beschlossen, vermittelnd einzugreifen: "Ohne die Einsicht ihrer Eltern ist den Kindern schwerlich zu helfen. Wenn man so gebündelt erfährt, dass immer mehr Mädchen und Jungen ausländischer Herkunft darunter leiden, dass Eltern ihre Annäherung an hier gewohnte Umgangsformen erschweren oder gar verhindern, kann man nicht untätig bleiben", erklärte der aus Afghanistan stammende Rüsselsheimer Internist im Vorfeld des Treffens gegenüber der "Main-Spitze". Wie berichtet werden viele Migranten bei ihrer Verweigerung von der Annahme geleitet, es gehe der hiesigen Gesellschaft nicht um Eingliederung, sondern um eine Vereinnahmung der Zuwanderer, um deren restlosen Verzicht auf ihre überkommenen Werte und Traditionen. Etliche Eltern versperren ihren Kindern dabei Zugänge, die sie selbst als Kinder der ersten oder zweiten Zuwanderer-Generation mehr oder minder erfolgreich - und ohne Einspruch ihrer Eltern ausprobieren durften.

Dr. Eslam lud die von der "Main-Spitze" befragten Schulleiter, dazu Vertreter der Migrantenvereine, der Polizei, der FH, der VHS und andere mit Jugendlichen befasste Fachleute in den "Ratskeller" ein, um Kontakte vertiefen zu helfen und gemeinsam zu beraten, wie man den Eltern noch deutlicher als bisher klar machen kann, wie unerlässlich Integration für die Zukunft ihrer Kinder ist. Fast alle Gruppen waren dann bei dem Gespräch ausreichend vertreten, bis auf die Migranten. Allein der Raunheimer Verein "Toleranz unter Nationen" (TUN) beteiligte sich von ihrer Seite.

Dem Vernehmen nach sahen sich einige Teilnehmer in ihrer Beobachtung bestätigt, dass das Problem von einem Großteil der Migranten unterschätzt wird und andere sich schlichtweg gar nicht um Lösungen bemühen wollten. Dr. Eslam ist dennoch entschlossen, nicht nachzulassen. Von der "Main-Spitze" im Anschluss an das Gespräch nach Ergebnissen der Zusammenkunft gefragt, zeigte sich der Initiator nicht unzufrieden und bereit, weiter zu bohren. Die Teilnehmer hätten anschaulich Probleme der Integrationsarbeit geschildert. Er habe dies alles aufgenommen und werde jetzt abermals Kontakt mit Migrantenvertretern suchen.

Gleich im ersten Anlauf sei es nun leider nicht gelungen, zum Beispiel Moscheevorsteher dafür zu gewinnen, die Freitagsgebete zu nutzen, um Eltern von Notwendigkeiten zu überzeugen. Um so weniger werde er nachlassen. Dr. Eslam will alle Vorsteher persönlich aufsuchen. "Sie könnten Eltern zuallererst klar machen, dass ihre Kinder ohne gute Kenntnis der Landessprache überhaupt keine Chance haben werden, ihr Leben und das ihrer Familien gut zu gestalten." Fest verabredet wurden Folgetreffen der "Ratskeller"-Runde nicht. Ihr Initiator will aber im kommenden Jahr erneut einladen. Und er zählt darauf, dass sich dann auch Migranten-Vertreter in angemessenem Umfang beteiligen werden.




400 Euro für Schule in Afghanistan

Nach oben 20.12.2003 Google-News / Osterhofener Zeitung

Osterhofen (cas). Auf Initiative von Rektor Klaus Jeggle und seinem Stellvertreter Josef Lehner beteiligten sich die Schülerinnen und Schüler der Volksschule an einer Spendenaktion des BLLV für den Bau einer Mädchenschule in Afghanistan. Stolze 400 Euro konnten die Klassensprecherinnen an die Kreisvorsitzende des BLLV, Irmgard Hötzinger, übergeben. Nach vielen Jahren eines verheerenden Krieges und der Gewaltherrschaft der Taliban ist die Situation der Mädchen und Frauen besonders schwierig. Sie wurden jahrelang von jeglicher Bildung ausgeschlossen. Die Folge davon ist, dass Schätzungen zu folge 95 Prozent der Frauen in Afghanistan Analphabetinnen sind. Die Einschulungsrate von Mädchen in Grundschulen lag zu Beginn des Jahres 2003 bei drei Prozent. Im Vergleich dazu lag die der Jungen bei immerhin 39 Prozent. Mittlerweile ist auf Grund massiver internationaler Anstrengungen immerhin eine Quote von 30 Prozent erreicht worden. Im Mittelpunkt der diesjährigen Hilfsaktion der BLLV-Kinderhilfe steht daher der Wiederaufbau der völlig zerstörten Mädchenschule in Sayed Khal in der Provinz Parvan. Der Ort liegt ein und eine halbe Autostunde von Kabul entfernt. Zur Zeit gibt es dort lediglich eine Zeltschule, die von der UNICEF versorgt wird. Für den Aufbau einer Schule werden rund 90 000 Euro benötigt. Neben diesen Fakten wurden den Buben und Mädchen an der Volksschule bewusst gemacht, wie wertvoll das Schulsystem in Deutschland ist. Es besteht nicht nur eine Schulpflicht, vielmehr hat jeder Einzelne und insbesondere auch die Mädchen das Recht auf eine schulische Ausbildung.




Struck lehnt Drogenbekämpfung in Kundus ab

Nach oben 20.12.2003 Google-News / Aller Zeitung

Berlin (dpa) - Verteidigungsminister Peter Struck hat Forderungen gegen den Drogenanbau in Afghanistan vorzugehen eine klare Absage erteilt. Teile der Bundeswehr und der afghanischen Regierung hatten sich dafür stark gemacht. «Vorstellungen in Kabul, dass wir uns gegen den Drogenanabau engagieren sollen, akzeptiert die Bundesregierung nicht», sagte der SPD-Politiker der dpa. Die Eindämmung der Drogenproduktion in Afghanistan sei nicht Aufgabe der Bundeswehr, sondern der afghanischen Armee und Polizei.

DPA

20.12.2003 05:50

 

 

+++ Verfassungsarbeit der Loja Dschirga kommt voran Zweite Zusammenfassung
+++ US-Streitkräfte in Afghanistan wollen neue Stützpunkte eröffnen


Verfassungsarbeit der Loja Dschirga kommt voran Zweite Zusammenfassung

Nach oben 21.12.2003 Zeitungsgruppe Lahn-Dill

Kabul (AP) Die Beratungen über eine neue afghanische Verfassung nähern sich ihrem Abschluss. Dabei zeichnet sich eine Zustimmung zu einem starken Präsidialsystem nach amerikanischem Vorbild ab.

Drei der zehn Themenausschüsse hätten ihre Arbeit bereits abgeschlossen, sagte am Sonntag der stellvertretende Vorsitzende der Loja Dschirga (Große Ratsversammlung), Kaimddin Kaschaf, und fügte hinzu: "Ich bin mit ihrer harten Arbeit sehr zufrieden." Auch der von der Afghanistan-Konferenz auf dem Petersberg bei Bonn eingesetzte Präsident Hamid Karsai wertete die erste Sitzungswoche der Ratsversammlung als Erfolg und äußerte die Hoffnung auf einen Abschluss der Verfassungsberatungen bis Ende des Jahres.

Die Ausschüsse gehen Artikel für Artikel durch den Verfassungsentwurf und geben dem Plenum der 500 Delegierten Empfehlungen ab. Diese entscheiden darüber und stimmen schließlich über die Ratifizierung des Gesetzestextes ab. Im Juni 2004 könnte dem Zeitplan entsprechend dann Parlamentswahlen stattfinden.

Verfassungsarbeit der Loja Dschirga kommt voran Zweite Zusammenfassung

Bei einem Angriff von Taliban-Kämpfern auf einen Posten der afghanischen Streitkräfte wurden unterdessen fünf Soldaten getötet und zwei verletzt. Wie der Verwaltungschef des Bezirks Spinboldak am Sonntag mitteilte, ereignete sich der Angriff am Samstagabend in Chaima, rund 140 Kilometer nordöstlich von Kandahar nahe der Grenze zu Pakistan. Die Soldaten hätten gerade zu Abend gegessen und keine Chance zur Gegenwehr gehabt. Die Angreifer seien in Richtung Grenze geflüchtet.

Ebenfalls am Samstagabend detonierte auf einem Platz in der ostafghanischen Stadt Dschalalabad eine Bombe. Dabei wurden ein Mann getötet und ein weiterer verletzt, wie ein Militärsprecher mitteilte. Der Sprecher machte die Taliban und das Terrornetzwerk El Kaida für den Anschlag verantwortlich. Dschalalabad, die Hauptstadt der Provinz Nangarhar, liegt nahe der pakistanischen Grenze.




US-Streitkräfte in Afghanistan wollen neue Stützpunkte eröffnen

Nach oben 21.12.2003 Aachener Zeitung

Kabul (dpa) - Die US-Armee verstärkt ihren Einsatz in Afghanistan: Wegen der verschlechterten Sicherheitslage im Süden und Osten des Landes will sie dort neue Stützpunkte eröffnen. Das kündigte der US-Kommandeur in Afghanistan, General David Barno, an. Bei der Loja Dschirga, der verfassungsgebenden Großen Ratsversammlung, zeichnete sich inzwischen eine Einigung im am stärksten umstrittenen Punkt, der Rolle des Präsidenten, ab. Die meisten Delegierten haben sich offenbar auf ein Präsidialsystem ohne Ministerpräsidenten geeinigt.




Journalisten sollen für falsche Taliban-Interviews bezahlt haben

Nach oben 21.12.2003 Der Standard

21. Dezember 2003 16:14 MEZ

Franzosen ließen Pakistanis als islamistische Kämpfer posieren

Pakistanische Stammesangehörige an der Grenze zu Afghanistan sind nach eigenen Angaben von französischen Journalisten bezahlt worden, um als Taliban-Kämpfer zu posieren. Sayed Allah Noor, einer der Stammesangehörigen, sagte dem staatlichen Fernsehsender PTV am Sonntag, die beiden Journalisten hätten für ihr Magazin Interviews mit den falschen Taliban aufgezeichnet. Sie hätten ihn und andere außerdem beim angeblichen Guerillatraining fotografiert und umgerechnet zwischen rund 40 und 140 Euro pro Person bezahlt.

Es drohen bis zu drei Jahren Haft

Die beiden Journalisten wurden inhaftiert, weil sie sich ohne Erlaubnis im Stammesgebiet in der Provinz Belutschistan aufhielten. Ein Gericht in Karachi lehnte eine Freilassung gegen Kaution am Samstag ab. Bei einer Verurteilung wegen Verletzung von Ausländergesetzen drohen den Franzosen bis zu drei Jahren Haft. Afghanistan wirft Pakistan vor, radikalislamische Taliban-Kämpfer nutzten die Stammesgebiete an der Grenze als Rückzugsgebiet. (APA/dpa)




Junge Braunschweiger eröffnen in Kundus erstes deutsches Restaurant

Nach oben 21.12.2003 Braunschweiger Zeitung

Kundus (dpa/lni) - Dicke Schneeflocken rieseln auf Nordafghanistan, laut ruft der Muezzin zum Gebet. In Decken eingemümmelte Kutscher treiben Pferde über die matschigen Pisten von Kundus, die weiblichen Passagiere sind mit Burkas verschleiert. Der Kontrast zu Braunschweig könnte größer kaum sein. Dort kommt das junge Pärchen her, das in Kundus, nicht weit vom Camp der Bundeswehr entfernt, ein mutiges Projekt begonnen hat. In den kommenden Tagen wollen die beiden das erste deutsche Restaurant nördlich des Hindukuschs eröffnen.

Petra Vopel wollte schon immer mal im Ausland wohnen, doch an Afghanistan hatte die 27-Jährige eigentlich nicht gedacht. Hätte sie nicht einst in der Fahrschule Boris Wojahn kennen und lieben gelernt, säße sie heute wohl auch nicht in Kundus. Der gelernte Koch ging bald darauf mit der Bundeswehr ins Kosovo. Ein Kamerad dort hatte am Biertisch die Idee, ein deutsches Restaurant in Kabul aufzumachen - Wojahn war Feuer und Flamme und ging mit.

"Meine Freunde haben mich schon damals für verrückt erklärt", sagt Wojahn, heute 26 Jahre alt. Der "Deutsche Hof" ist inzwischen zur Institution in der afghanischen Hauptstadt geworden. "Aber irgendwann habe ich mir gedacht, ich würde gerne etwas eigenes machen." Im Herbst war die Gelegenheit dann günstig: Die Bundeswehr sollte nach Kundus gehen, wo es bisher noch kaum Ausländer hinverschlagen hatte. Im Schlepptau sollten zivile Aufbauhelfer folgen - die potenzielle Kundschaft war groß, Konkurrenz gab es weder damals noch heute.

"Boris hat mir von der Idee erzählt, und ich bin im Urlaub erstmal nach Kabul geflogen", sagt Petra Vopel. Damals arbeitete die Hotelfachfrau noch im niedersächsischen Königslutter. Die Ankunft in Kabul war alles andere als vielversprechend: Der Flugzeugfriedhof mit den zerbombten Maschinen vor dem Flughafen, die mit rot-weißen Steinen markierten Minenfelder - das waren ihre ersten Eindrücke. Nach einem kurzen Besuch in Kundus wusste sie allerdings: "Kabul sieht dagegen aus wie eine Weltstadt."

Trotzdem habe sie gedacht: "Hier kannst Du leben, wenn auch eingeschränkt." Und so kündigte die Hotelfachfrau am ersten Tag nach ihrer Rückkehr nach Deutschland. "Ich gehe nach Afghanistan", habe sie ihrem Chef gesagt. "Das glaube ich jetzt nicht", habe der geantwortet. Auch ihre Eltern hätten sie für verrückt erklärt, wie es einst die Freunde von Boris taten, sagt sie. "Ich habe mir gedacht, wir nutzen die Chance und probieren es einfach. Wenn es nicht klappt, dann können wir uns sagen, wir haben es immerhin versucht."

So soll nun um Weihnachten herum das "Lapislazuli" in Kundus seine Pforten öffnen, benannt nach dem Schmuckstein, der in der Gegend vorkommt. "Es muss ja nicht immer was Deutsches im Namen sein", sagt Wojahn. Ihm und seiner Freundin geht es auch um Afghanistan. Mit Hilfe der AGEF, einer deutschen Hilfsorganisation, werden sie im Restaurant und dem angeschlossenen Gästehaus junge Afghanen ausbilden. 14 Azubis sollen es zum Start sein. Dass das Interesse groß sein wird, daran herrscht kaum Zweifel.

"Solche Leute wie die beiden braucht die Region", sagt einer der Deutschen in Kundus, der sich dort um den Wiederaufbau kümmert. Dass der Mut der beiden Braunschweiger sich auch für die Deutschen vor Ort auszahlt, hat Boris Wojahn bei seiner ersten Feuerprobe in Kundus bereits bewiesen. Noch vor der Eröffnung des "Lapislazuli" bestellten der Bundeswehr-Kommandeur und der Leiter der Außenstelle des Auswärtigen Amtes in Kundus wegen eines hochrangigen Besuchers aus Berlin ein Essen für acht Gäste.

In einem provisorischen Esszimmer und ohne Profi-Küche servierte Wojahn Tomatensuppe, als Hauptgericht gab es Steak mit Backkartoffel und Sauerrahm, zum Nachtisch wurden Apfelringe gereicht. Stefan Recker, Vertreter der Deutschen Welthungerhilfe und lange Zeit einziger Deutscher in Kundus, weiß, wovon er spricht, wenn er sagt: "Das war das beste Essen, das ich je in Kundus gegessen habe."

Sonntag, 21.12.2003




Bei Loja Dschirga zeichnet sich Mehrheit für Präsidialsystem ab

Nach oben 12/21/2003 AFP

Sonntag 21. Dezember 2003, 09:30 Uhr

(AFP) Bei den Beratungen der Großen Ratsversammlung über die künftige afghanische Verfassung zeichnet sich eine Einigung über das von Präsident Hamid Karsai favorisierte Präsidialsystem ab. Die Mehrheit der Loja-Dschirga-Delegierten unterstütze das im Verfassungsentwurf vorgesehene System mit einem starken Präsidenten an der Spitze, sagte einer der vier stellvertretenden Loja-Dschirga-Vorsitzenden, Safia Siddiki, am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP in Kabul. Die Delegierten hatten den 160 Artikel umfassenden Entwurf in den vergangenen Tagen in zehn Einzelgruppen erörtert. Die Beratungen sollten anschließend im Plenum fortgesetzt werden. Am Samstag hatte bereits Karsai erklärt, die Beratungen kämen gut voran.




Verfassungsarbeit der Loja Dschirga kommt voran

Nach oben 12/21/2003 AP

Kabul (AP) Die Beratungen über eine neue afghanische Verfassung nähern sich ihrem Abschluss. Dabei zeichnet sich eine Zustimmung zu einem starken Präsidialsystem nach amerikanischem Vorbild ab.

Drei der zehn Themenausschüsse hätten ihre Arbeit bereits abgeschlossen, sagte am Sonntag der stellvertretende Vorsitzende der Loja Dschirga (Große Ratsversammlung), Kaimddin Kaschaf, und fügte hinzu: «Ich bin mit ihrer harten Arbeit sehr zufrieden.» Auch der von der Afghanistan-Konferenz auf dem Petersberg bei Bonn eingesetzte Präsident Hamid Karsai wertete die erste Sitzungswoche der Ratsversammlung als Erfolg und äußerte die Hoffnung auf einen Abschluss der Verfassungsberatungen bis Ende des Jahres.

Die Ausschüsse gehen Artikel für Artikel durch den Verfassungsentwurf und geben dem Plenum der 500 Delegierten Empfehlungen ab. Diese entscheiden darüber und stimmen schließlich über die Ratifizierung des Gesetzestextes ab. Im Juni 2004 könnte dem Zeitplan entsprechend dann Parlamentswahlen stattfinden.




Loja Dschirga tendiert zu starker Stellung des Präsidenten

Nach oben 21.12.2003 AP

Karsai betrachtet erste Sitzungswoche der Ratsversammlung als Erfolg (Foto: AP)





Bundeswehr-Soldaten freuen sich zum Fest über die Feldpost
-gekürzt-

Nach oben 21.12.2003 Deutsche Post

Vor Weihnachten besonders viele Pakete und Briefe

19. Dezember 2003 - Weit weg von ihren Familien feiern auch dieses Jahr einige Tausend Bundeswehr-Soldaten Weihnachten. Die Geschenke bringt nicht der Weihnachtsmann in rot und weiß, sondern die Feldpost in 'Flecktarn', der olivfarbenen Uniform. Seit 1992 leistet die Bundeswehr Auslandseinsätze, seitdem sorgt die Feldpost für die Verbindung zur Heimat. In der Adventszeit wird fast drei Mal so viel verschickt wie in normalen Monaten.

Im Jahr 2003 wird die Feldpost voraussichtlich rund 1,8 Mio. Briefe und Postkarten sowie rund 320.000 Päckchen und Pakete befördern. Dies entspricht in Deutschland etwa dem Aufkommen einer Stadt mit 40.000 Einwohnern. Während daheim auch eMail, SMS und Handy wichtig sind, gewinnt in der Fremde der Brief seine klassische Bedeutung. Viele Briefe enthalten Fotos; besonders freuen sich die Soldaten über Pakete mit Leckereien von zu Hause, Alkohol darf übrigens nicht verschickt werden.

Die Deutsche Post ist gesetzlich verpflichtet, die Bundeswehr bei der Feldpostversorgung der deutschen Soldaten in allen Ländern der Welt zu unterstützen. Momentan fahren täglich Lkw mit Feldpost nach Bosnien-Herzegowina. Frachtmaschinen sind in den Kosovo, nach Mazedonien, Afghanistan, Georgien und Usbekistan unterwegs. Dort werden die Sendungen in insgesamt 14 Feldpostämtern sortiert und der Truppe von den Feldpostlern zugestellt.

Feldpostsoldaten sind besonders geschulte Mitarbeiter der Deutschen Post, die als wehrübende Soldaten (Reservisten) jeweils ein halbes Jahr Dienst tun. 2003 waren 80 Postler in den Krisenregionen oder in Darmstadt im Einsatz. In Darmstadt werden die Sendungen ins Ausland oder nach Deutschland umgeschlagen.

Fotos zum Downloaden unter www.deutschepost.de (Presse/Foto-Service/ unter Schlagwort Feldpost).




Eine Macht gegen Drogen

Nach oben Süddeutsche Zeitung

Herausforderung für die Bundeswehr in Afghanistan

Der Isaf-Kommandeur Gliemeroth will auch den Opium-Anbau bekämpfen – und bringt so die Bundesregierung in die Bredouille Von Peter Münch

und Joachim Käppner

Alle reden darüber, jeder klagt, doch Stellung beziehen will keiner: Der Drogenanbau in Afghanistan ist das heikelste Thema des Friedensprozesses am Hindukusch – ein Tabu, das durch schwammige Diskussion überdeckt wird. Nun aber hat einer Klartext geredet, von dem man das nicht erwartet hatte: Der deutsche General Götz Gliemeroth, der in Kabul im Auftrag der Nato die internationale Friedenstruppe Isaf kommandiert. Er spricht sich für einen groß angelegten Einsatz gegen die Drogenproduktion aus, die von Afghanistan aus den Weltmarkt überschwemmt. Dabei müsse man „auch in Kauf nehmen, dass es zu Auseinandersetzungen kommt“, sagt er. Gliemeroth traf den Kern des Problems, aber vor allem traf er einen empfindlichen Nerv in Berlin.

Die nach Afghanistan entsandten Soldaten nämlich sollen zwischen Kabul, Kundus und Kandahar die schöne neue Welt errichten, sich aber keinesfalls die Finger schmutzig machen mit all den unschönen Dingen wie dem Kampf gegen den Drogenanbau oder die Entwaffnung der Milizen. Dass diese Wirklichkeit jedoch den abgehobenen Anspruch konterkariert, weil das Drogengeld den Krieg der Milizen in Afghanistan finanziert, hat Gliemeroth nun ausgesprochen.

In Berlin stößt dies auf eine entschiedene Abwehrhaltung. Im Gerangel vor dem Kundus-Einsatz, wo nun ein 200 Mann starkes Regionales Wiederaufbauteam der Bundeswehr stationiert ist, war beim Drogen-Thema eine rote Linie gezogen worden: In einer Protokollnotiz zum Mandat für die Truppe ist festgehalten, dass die deutschen Soldaten keinesfalls in die Drogenhändel verstrickt werden dürften. „Ansonsten hätte ich der Fraktion gar nicht empfohlen, dem Mandat zuzustimmen“, sagte der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Friedbert Pflüger zur SZ. Er empört sich darüber, dass nun „hinter der Hand solche Sachen vorbereitet“ würden. „Wenn der zuständige General eine Mandatsausweitung vorgenommen hat“, meint Pflüger, „dann erwarte ich dazu ein Wort von Herrn Struck.“ Im Bundesverteidigungsministerium jedoch verweist man auf Anfrage darauf, das Gliemeroth für die Nato in Kabul sei.„Da verbietet es die Kleiderordnung, dass sich das Ministerium dazu äußert.“

Dennoch: Es braut sich etwas zusammen. Die zum deutschen Einsatzbereich zählende Nordprovinz Badakhschan ist eines der größten Opiumanbaugebiete des Landes, Kundus ist Drehscheibe für den Export über Tadschikistan in den Westen. Wenn im Frühjahr die Mohnfelder leuchtend rot erblühen, wird das kein guter Hintergrund sein für Bilder von der Bundeswehr auf Patrouille, die doch eigentlich die Botschaft einer erfolgreichen Stabilisierung aussenden sollen.

Zwar hat auch Gliemeroth seine Forderung nach einem Anti-Drogen-Einsatz mit Einschränkungen versehen: Nicht „überhastet“ will er vorgehen, „punktuelle Effekthascherei“ vermeiden. Doch schon die reinen Zahlen zeigen die Dimension dieser Herausforderung: In Afghanistan ist 2003 eine Opiumernte von 3600 Tonnen eingefahren worden. Daraus werden 360 Tonnen Heroin gewonnen – drei Viertel der gesamten Weltproduktion. Der Wert liegt bei etwa 25 Milliarden Dollar, in Afghanistan bleiben davon UN-Schätzungen zufolge 2,3 Milliarden Dollar hängen.

Dieses Geld fließt zu einem geringen Teil den Bauern zu, die mangels einträglicher Alternativen mit dem Opiumanbau ihr Überleben sichern. Die weitaus größeren Summen landen in den Kassen der Warlords, die auch das Drogengeschäft kontrollieren. So funktioniert das im Süden, wo die Taliban dank des Opiumbooms wieder ihre Kriegskasse füllen, und so läuft es auch im Norden, wo die Bundeswehr den Frieden sichern soll. Denn auch in Kundus könnte der Schlafmohn kaum blühen, wenn nicht der Gouverneur und der örtliche Milizenführer General Daud entgegen allen Beteuerungen ihre Hand im Spiel hätten.

Die Drogen sind der Hauptfaktor, der die Stabilisierung des Landes verhindert. Und das Problem wächst: Wer mit den Bauern in Afghanistan spricht, der weiß, dass im nächsten Jahr ein neuer Ernterekord ansteht. Um dies zu verhindern, müsste sich die Isaf-Truppe mit den Warlords anlegen. Dafür aber ist sie tatsächlich zu schwach. In Kabul und Kundus freuen sich die Deutschen darüber, dass sie von der Bevölkerung und den örtlichen Machthabern freundlich aufgenommen werden. Wohl oder Wehe ihrer Mission hängt jedoch davon ab, in wie weit die Friedenstruppe die Kreise der Kommandeure stört. Den Konflikt kann nur wagen, wer bereit ist, mehr Soldaten nach Afghanistan zu senden.

In größerem Umfang wird das kaum zu machen sein, alle Nato-Staaten verweisen auf knappe Kapazitäten. Immerhin aber beauftragten die Nato-Botschafter am Freitag ihre Militärplaner im alliierten Hauptquartier im belgischen Mons, eine umfassende Ausweitung des Isaf-Einsatzes von Kabul auf die afghanischen Provinzen vorzubereiten. Vorbild ist die neue Isaf-Insel der Bundeswehr in Kundus, die am 31. Dezember der Nato und damit auch dem General Gliemeroth unterstellt wird. Dabei dürfte auch geprüft werden, ob und mit welchen Mitteln ein Kampf gegen den Opiumanbau möglich wäre. Der bisherige Auftrag sieht die Drogenbekämpfung weder explizit vor, noch verbietet er sie. Die deutsche Beschränkung sieht man in Nato-Kreisen als „rein nationalen Vorbehalt“.

Der Druck, endlich den Kampf gegen die Drogenflut aufzunehmen, könnte aber auch von einer anderen Seite steigen: 90 Prozent des afghanischen Opiums landen in Europa, auch auf dem deutschen Markt. Die Fahnder, meint Konrad Freiberg, Chef der Gewerkschaft der Polizei, sind weitgehend machtlos. Bestenfalls, sagt er, „greifen wir die mittlere Ebene ab, an die Bosse kommen wir gar nicht heran.“ Ein hochrangiger Kriminalbeamter sagt nach einem Besuch im Anbaugebiet: „Das Heroinangebot aus Afghanistan ist fast wieder hoch wie vor dem Krieg gegen die Taliban. Die Folge: Wir werden weiter der Hauptabnehmer sein.“ Es ist allerdings ein gesamteuropäisches Problem, zumal Heroin in Deutschland zunehmend als „Asozialendroge“ angesehen wird, die Spritze auf dem Bahnhofsklo gilt als Symbol der Verlierer; szeniger sind Kokain und Designerdrogen. So ist zu erklären, dass 2002 gleich 38 Prozent weniger Heroin sichergestellt wurde, insgesamt noch 520 Kilogramm.

Für die Fahnder kommt erschwerend hinzu, dass das Heroin auf neuen Wegen ins Land gelangt, außer über die traditionelle Seidenstraße inzwischen auch durch den Balkan. Bestimmungsort ist oft Holland, von wo aus der Stoff dann europaweit verteilt wird. In Deutschland kontrollieren türkisch-kurdische Gangs einen hart umstrittenen Markt.

Die letzte Station ist dann zum Beispiel die Bahnböschung der rheinischen Kleinstadt Düren. Versteckt zwischen wuchernden Brombeerhecken und Gestrüpp finden sich hier die Plätze der Junkies und kleinen Händler, Löffel und gebrauchte Spritzen liegen offen herum. „Vor ein paar Jahren“, sagt ein Zivilfahnder, der die Utensilien der Verwahrlosung vorsichtig aufklaubt, „gab es so etwas in der Stadt nicht.“ Jetzt sind es junge Russlanddeutsche, die sich im Unterholz die Spritze setzen. Der Stoff hat einen langen Weg genommen.




+++ Karsai will Frauenrechte in neuer Verfassung verankern
+++ Ranzen und Kuscheltiere für Kabul

Karsai will Frauenrechte in neuer Verfassung verankern

Nach oben 22.12.2003 Berliner Morgenpost

Kabul - Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat sich für die Verankerung weit reichender Rechte für Frauen in der neuen Verfassung für Afghanistan ausgesprochen. Nach dem Islam müssten den Frauen ihre Rechte zugestanden werden, sagte Karsai vor Journalisten in Kabul. Er nannte unter anderem das Recht auf Bildung und Arbeit. Beides war Frauen unter den Ende 2001 gestürzten radikal-islamischen Taliban verwehrt gewesen.

Seit mehr als einer Woche tagt in Kabul die Große Ratsversammlung (Loja Dschirga), deren mehr als 500 Delegierte über eine neue Verfassung für Afghanistan beraten und nach eigenen Angaben große Fortschritte machen. In wichtigen Fragen gehen die Meinungen in der Loja Dschirga aber offenbar noch deutlich auseinander, so zur künftigen Rolle des Präsidenten und zur Stellung der Menschenrechte in der Verfassung.

Neun der zehn Themenausschüsse hätten ihre Arbeit bereits abgeschlossen, hieß es am Sonntagabend. Damit könne nun ab Montag die so genannte Versöhnungskommission ihre Arbeit aufnehmen und die Ergebnisse der Beratungen in den Arbeitsgruppen zusammenfassen. dpa/AP




Ranzen und Kuscheltiere für Kabul

Nach oben 22.12.2003 Märkische Oderzeitung

Eberswalde (MOZ) Packenweise Papier, Säcke voller Kuscheltiere, Kullis, Federtaschen und vor allem Schulranzen - einen ganzen Kleintransporter voll spendeten die Eberswalder für Schulkinder in Afganistan. Am Sonnabend packten Freiwillige der Johanniter-Unfall-Hilfe die Hilfsgüter und transportierten sie zum Sammellager in Teltow.

"Wir waren wirklich angenehm überrascht, wie viele Eberswalder sich an der Sammelaktion beteiligten", sagt Ingo Naumann, freiwiliger Helfer der Johanniter-Unfall-Hilfe und Fraktionschef von Grüne/BFB im Stadtparlament. Viele Familien haben aber ebenso Spielsachen und Kuscheltiere gespendet. Auch Zirkel, Scheren, Schreibblöcke oder Lineale lugten aus den Ranzen. Neben den beteiligten Firmen Activ Optic, Camilla-Hauskrankenpflege, Partyservice und Fleischerei Astrid Mai sowie der Waldapotheke trommelten vor allem das Humboldt-Gymnasium und Vertreter der Bürgerfraktion Barnim für die Sammlung von Schulsachen.

Ausführlich siehe Printausgabe der MOZ vom 22. Dezember 2003

Sonntag, 21. Dezember 2003 (17:03)




Afghanistan: Zwei Raketen in Kabul explodiert

Nach oben 22.12.2003 Der Standard

21. Dezember 2003 22:45 MEZ

Niemand verletzt

Kabul - In der afghanischen Hauptstadt Kabul sind am Sonntagabend zwei Raketen eingeschlagen. Eines der Geschosse traf nach Polizeiangaben ein Haus in einem Wohngebiet im Norden der Stadt, nur wenige Kilometer vom Versammlungsort der verfassungsgebenden Loya Jirga entfernt. Verletzt wurde offenbar niemand. Wo die zweite Rakete auftraf, war zunächst nicht bekannt. Ein Sprecher der US-Botschaft sagte, Sicherheitsbeamte hätten zwei Explosionen in der Stadt vernommen.

Wegen der Beratungen der Großen Ratsversammlung, der Loya Jirga, wurden die Sicherheitsvorkehrungen in Kabul deutlich verstärkt. Die US-Streitkräfte hatten vor Anschlägen von Taliban-Kämpfern während der Beratungen der rund 500 Delegierten gewarnt. (APA/AP)




Weihnacht am Hindukusch

Nach oben 22.12.2003 Neue Ruhr Zeitung

AUSLANDSEINSATZ / Soldaten aus der Weseler Schill-Kaserne machen es sich möglichst "heimatlich". Ein Tannenbaum und "Fresspakete" helfen ihnen dabei.

WESEL/HAMMINKELN. Weihnachten ist man zu Hause, in der Familie. Die Jungs der zweiten Kompanie nicht. Die sind fern der Heimat, wortwörtlich: Rund 5000 Kilometer von hier in Kabul. Die 30 Mann fahren nicht wie die allermeisten ihrer Kameraden aus der Weseler Schill-Kaserne über die Festtage nach Hause, sondern tun ihren Dienst im Rahmen des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr im internationalen Hauptquartier. So gut es geht lassen sie am Hindukusch deutsche Weihnachtsstimmung aufkommen. Oder besser gesagt: europäische.

Am 20. Oktober sind die Fernmelde-Soldaten aus Deutschland abgeflogen. Ihr Auftrag in Kabul: Die Herstellung von Telefon- und Rechner-Verbindungen sowie Video-Konferenzen. Ihren Job rund um die Uhr machen sie gut, findet Kompaniechef Major Martin Raaben. Das Internet ist für die Soldaten in diesen Tagen eine besonders wichtige Verbindung in die Heimat. Aber nicht nur. "Der gute alte Brief wird wiederentdeckt", sagt Raaben. Die handgeschriebenen Zeilen seien halt viel persönlicher. Sechs bis sieben Tage sind die Zeilen an die Lieben und umgekehrt unterwegs.

Ein Stück Heimat kommt auch zum Vorschein, wenn die Männer die Pakete öffnen, die ihnen nachgeschickt worden sind. "Jeder hat reichlich Care-Pakete bekommen", sagt der Kompaniechef. Deren Inhalt wird nicht gehamstert, sondern es wird jeweils "zusammengeschmissen". Besonders begehrt sind Schwarzbrot, Wurst und Schinken. Das Essen vor Ort sei gewöhnungsbedürftig, sagt der Major, der einen zunehmenden "Heißhunger auf Spiegeleier" entwickelt. Das, was es in Kabul an Eiern gebe, "eine Art Flüssig-Ei", sei nur mit großem Risiko zu verspeisen.

So kam ein buntes Allerlei auch für die deutsche Weihnachtsfeier zusammen, die gestern stattfand. Mit Gästen. Es ist keine Frage, dass die Einheiten der verschiedenen im ISTAF-Einsatz in Kabul vertretenen Länder sich gegenseitig einladen. Kürzlich waren die Jungs aus Wesel bei den Italienern zu Gast. Die hatten einige italienische Köstlichkeiten eingeflogen. Der internationale Zusammenhalt sei eine tolle Sache, sagt Major Raaben.

Zur deutschen Weihnacht in Afghanistan haben auch diejenigen beigetragen, die sich der Soldaten per Patenschaft angenommen haben. Der Brüner Bürgerverein hat für den einzigen Weihnachtsbaum im Hauptquartier gesorgt. Bei einem Weihnachtskaffee am Nachmittag des ersten Weihnachtstages werden kleine Geschenke verteilt, für die die Familienbetreuungsstelle des Fernmeldebataillons 284 in Wesel gesorgt hat.

Der Kompaniechef ist bereits zum zweiten Mal über Weihnachten im Einsatz. In seiner Truppe vor Ort gibt es alte Hasen, die haben für die Bundeswehr schon bis zu 800 Tage im Ausland verbracht. Aber es sind auch welche dabei, die das zum ersten Mal machen. "Den Jüngeren fällt es schwerer, Silvester nicht zu Hause zu sein", sagt Raaben. Wenn sie alle auch diese Hürde genommen haben, dann wird allmählich wieder Land in Sicht sein: Mitte bis Ende Januar geht es zurück nach Hause.




Struck: Deutsche Soldaten nicht im Drogen-Krieg

Nach oben 22.12.2003 Wiesbadener Kurier

Isaf-Kommandeur für groß angelegten Einsatz gegen Mohnanbau in Afghanistan / USA planen neue Stützpunkte

Vom 22.12.2003

KABUL/BERLIN (dpa) Die US-Streitkräfte wollen wegen der spürbar verschlechterten Sicherheitslage im Süden und Osten Afghanistans neue Stützpunkte bilden. US-Kommandeur General David Barno kündigte in Kabul die Stationierung neuer regionaler Wiederaufbauteams (PRT) an. In der südafghanischen Provinz Kandahar töteten mutmaßliche Taliban-Kämpfer fünf afghanische Soldaten. Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) kündigte an, dass deutsche Soldaten nicht gegen den florierenden Anbau von Rohstoff für die Drogenproduktion im Norden Afghanistans vorgehen werden. Entsprechende Aufforderungen des Nato-Kommandos der internationalen Schutztruppe (Isaf) und der afghanischen Regierung lehnte Struck ab. "Vorstellungen in Kabul, dass wir uns gegen den Drogenanbau engagieren sollen, akzeptiert die Bundesregierung nicht", sagte Struck in einem Gespräch in Berlin. Im Verantwortungsbereich des im nordafghanischen Kundus stationierten Bundeswehr-Kontingents liegt das viertgrößte Anbaugebiet des Landes.

Der neue US-Kommandeur Barno sagte, die Ausweitung der Aufbauteams, die aus Soldaten und zivilen Helfern bestehen, werde nicht nur die Sicherheit verbessern, sondern auch den Wiederaufbau beschleunigen. Nach Barnos Angaben operieren radikal-islamische Rebellen vor allem im Süden und Osten Afghanistans. Seit dem Spätsommer haben die Angriffe stark zugenommen. Nach Angaben der US-geführten Koalitionskräfte soll die Zahl der Wiederaufbauteams bis März 2004 von derzeit acht auf zwölf erhöht werden.

Struck machte klar, dass die Eindämmung der alarmierenden Drogenproduktion nicht Aufgabe der Bundeswehr, sondern der afghanischen Armee und Polizei sei. Deutsche Soldaten seien dazu nicht ausgebildet. "Die Verwicklung in Kämpfe mit Drogenhändlern wäre sehr gefährlich. Die Dealer sind von äußerster Brutalität", sagte der Minister. "Schon zum Schutz unserer Soldaten muss das untersagt werden." Die Soldaten hätten genug damit zu tun, zur Stabilisierung der Gesamtlage beizutragen.

Der Kommandeur der internationalen Afghanistan-Schutztruppe (Isaf), der deutsche Nato-General Götz Gliemeroth, hatte dagegen für einen groß angelegten Einsatz gegen den Mohnanbau plädiert. Die afghanische Regierung sieht in der wachsenden Drogenproduktion den größten Destabilisierungsfaktor nach dem Terrorismus. Afghanistan ist nach dem Sturz der radikal-islamischen Taliban wieder zum weltweit größten Produzenten von Rohopium geworden.

Unterdessen zeichnete sich bei der verfassungsgebenden Großen Ratsversammlung, Loja Dschirga, eine Einigung in dem am heftigsten umstrittenen Punkt, der künftigen Rolle des afghanischen Präsidenten, ab. Die meisten der mehr als 500 Delegierten hätten sich auf ein Präsidialsystem ohne Ministerpräsidenten geeinigt, sagte die Abgesandte Nadera Hayat Burhani. Allerdings wolle die Mehrheit ein stärkeres Parlament und damit einen schwächeren Präsidenten als im Verfassungsentwurf vorgesehen.

Übergangspräsident Hamid Karsai hatte gedroht, bei den für kommendes Jahr geplanten Wahlen nicht anzutreten, sollte in der neuen Verfassung nicht ein starkes Präsidentenamt ähnlich dem in den USA verankert werden. Karsai hatte sich am Samstag für die Gewährleistung weitreichender Frauenrechte in der Verfassung ausgesprochen.




Rückgang der Spenden für Afghanistan

Nach oben 22.12.2003 Aachener Zeitung

Köln (dpa) - Zwei Jahre nach dem Fall des Taliban-Regimes hat die Spendenbereitschaft für Afghanistan stark nachgelassen. Die Hilfe für das extrem arme Land sei aber nach wie vor dringend nötig, sagten Sprecher mehrerer Hilfsorganisationen in Köln. Unicef Deutschland zum Beispiel hatte allein im Herbst 2001 knapp acht Millionen Euro Spenden für Projekte in Afghanistan bekommen. Im vergangenen Jahr waren es noch vier Millionen Euro, in diesem Jahr 400 000 Euro. Bei den Maltesern und dem Komitee Cap Anamur gibt es ähnliche Trends.

(22.12.2003 | 03:13 Uhr)



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